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Trauer am Tatort. Am Alexanderplatz werden noch immer Kerzen für Jonny K. angezündet.

© dapd

Update

Tödliche Prügelattacke am Alexanderplatz: Fall Jonny K.: Weiterer Tatverdächtiger stellte sich

Einer der drei noch flüchtigen Tatverdächtigen, die Jonny K. am 14. Oktober durch Tritte und Schläge getötet haben sollen, hat sich heute der Mordkommission gestellt.

Nach der Tötung des 20-jährigen Jonny K. am Alexanderplatz will sich ein Tatverdächtiger, der auf der Flucht ist, offenbar stellen. Wie der RBB mitteilte, habe sich der Anwalt des Mannes gemeldet. Sein Mandant befinde sich derzeit im Ausland und verlange als Bedingung eine Haftverschonung. Sowohl der Name des Anwalts als auch das Aufenthaltsland des Klienten wurden nicht genannt. Polizei und Staatsanwalt wollten sich zu den Angaben nicht äußern. „Wir sind sehr gespannt“, hieß es in Ermittlerkreisen. „Bei uns ist noch niemand aufgetaucht. Doch es wäre gut möglich, dass er sich stellt. Und es wäre auch sinnvoll.“ Die Fahndung läuft weiter. Von den sechs Tatverdächtigen, die Jonny K. am 14. Oktober durch Tritte und Schläge getötet haben sollen, sind drei flüchtig. Der mutmaßliche Haupttäter, Onur U., befindet sich in der Türkei. Er hatte vor dreieinhalb Wochen einem „Bild“-Reporter mitgeteilt, dass er sich in Berlin den Ermittlern stellen wolle – bislang tat er dies jedoch nicht. Ein Rechtshilfeersuchen an die türkischen Behörden ist bereits vor Wochen gestellt worden. Die Staatsanwaltschaft verschweigt dazu jegliche Auskunft. Zwei weitere Tatverdächtige, Hüseyin I. und Bilal K., haben die griechische Staatsangehörigkeit und sollen sich auch nach Griechenland abgesetzt haben. Einer von ihnen soll der Mandant des Anwalts sein, der sich beim RBB gemeldet haben soll.

Zwei Beschuldigte (19 und 21 Jahre) sitzen bereits in Untersuchungshaft. Ihnen wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Ein Dritter, der sich in Berlin gestellt hatte, ist auf freiem Fuß. Die Ermittlungen laufen aber weiter. Jonny K. war in der Nacht zum 14. Oktober mit mehreren Freunden auf einer Party in einem Club unter dem Fernsehturm. Als die Freunde gingen, war einer von ihnen so betrunken, dass er gestützt werden musste. Vor der Bar „Cancun“ am Alexanderplatz wurden die Freunde von sechs Männern unvermittelt angegriffen. Jonny K. erlitt so schwere Gehirnblutungen, dass er wenig später im Krankenhaus starb. Zu der Trauerfeier Ende Oktober waren neben dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Innensenator Frank Henkel (CDU) und seinem Parteikollegen Justizsenator Thomas Heilmann mehrere hunderte Menschen erschienen, um Abschied von ihm zu nehmen. An der Stelle, wo der 20-Jährige starb, befindet sich noch immer eine Gedenkstätte mit Blumen, Beileidsbekundungen und Grablichtern.

Nur unweit davon entfernt, in der Marienkirche am Alexanderplatz, wurde am Mittwochabend mit einem Gedenkgottesdienst zum Buß- und Bettag an Jonny K. und andere Opfer von Gewalt erinnert. „Als Kirche mitten in der Stadt ist das der ideale Ort, um für die Stadt und mit der Stadt zu beten“, sagt Pfarrerin Cordula Machoni, die den Gottesdienst mit konzipiert hat.

Jonny K.s Schwester sprach während des Gottesdienstes und sagte in ihrer Rede: "Viel fragen sich, warum ich so stark bin. Aber das bin ich nicht, ich bin ein ganz normales Mädchen." Tina rang sichtlich mit den Tränen, fügte dann aber vor dem Hintergrund des Tatverdächtigen, der sich noch immer in der Türkei befinden soll, hinzu: "Aber was nützt es mir, wenn ich jetzt auch wütend bin?" Es sei an der Zeit, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen.

Neben ihr sprach auch der Opferbeauftragte des Landes Berlin, Roland Weber. Er berät Tina K. Bei der Gründung der Stiftung "I am Jonny", die sich für Gewaltprävention unter anderem an Schulen und Kindergärten einsetzen soll. Die Hälfte der Kollekte des Gottesdienst kommt ihrer Stiftung zugute, die andere Hälfte geht an den Weißen Ring.

Das Motto des Gottesdienstes war: „Das Recht, ein anderer zu sein.“ Für die Angehörigen verändert sich durch einen Schicksalsschlag, wie ihn die Familie von Jonny K. erlebt hat, das ganze Leben. „Sie überdenken ihre Lebensziele noch mal neu“, sagt der Opferbeauftragte Roland Weber. Auch Tina K. entwickelt neue Pläne. Ihre Arbeit in der eigenen Werbefirma hat sie kurzfristig eingestellt, um in Ruhe zu trauern und sich der Öffentlichkeitsarbeit ihres verstorbenen Bruders zu widmen. Wie berichtet, will sie einen gemeinnützigen Verein zu seinem Gedenken gründen.

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