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Die Polizei (Symbolbild).

© dpa

Update

Überfall auf Geldtransport in Berlin: Ein Täter näherte sich im Rollstuhl

Neue Details zum Überfall auf Geldtransporter: Die Sicherheitsleute sollen gerade Pause gemacht haben, als sie ausgeraubt wurden. Einer der Täter näherte sich offenbar im Rollstuhl. Außerdem werfen die Parallelen zum Apple-Überfall Fragen auf. Auch am Mittwoch fehlt noch jede Spur.

Die Sicherheitsleute hatten ausgerechnet hier eine kleine Pause eingelegt. Mit beladenem Geldtransporter. Nach Einbruch der Dunkelheit. In einer Seitenstraße, zwischen Autoparkplätzen und Autohäusern. Zwei Sicherheitsleute hatten ihren Transporter gerade verlassen – da wurden sie auch prompt überfallen von drei Unbekannten.

So wird der Überfall in der Hannah-Karminski-Straße geschildert, der sich am Montagabend gegen 20.15 Uhr ereignet hat. Und da stellt sich schon so manche Fragen, vor allem diese: Ist das wirklich alles Zufall? Die maskierten Täter hatten dem Sicherheitspersonal vor dem Transporter ihre Waffen abgenommen und dann auf die Fahrzeugtür geschossen. Dem Vernehmen nach soll einer der Täter zuvor einen Trick angewandt haben, um keinen Verdacht zu erwecken: Er näherte sich in einem Rollstuhl. Die Täter zwangen den im Transporter verbliebenen Fahrer dazu, die nur von innen entriegelbaren Türen zu öffnen. Die Täter entnahmen die Beute und entkamen in ihrem schwarzen Audi.

Wenig später ging etwa zwei Kilometer entfernt ein Notruf bei der Feuerwehr ein. In der Warburgzeile – am Standesamt hinter dem Rathaus Charlottenburg – stand ein schwarzer Audi in Flammen; er brannte vollkommen aus und wurde von der Polizei sichergestellt. Ob es sich dabei um das Fluchtauto handelt, ist unklar. Von den Tätern fehlt auch am Mittwoch jede Spur, wie die Polizei mitteilte.

Die Polizei hofft jetzt auf Zeugen. Die Ermittler prüfen auch, ob es einen Zusammenhang mit dem Überfall auf den Mitarbeiter eines Geldtransporters vor eineinhalb Wochen gibt. Als dieser die Einnahmen aus dem Apple-Store am Kurfürstendamm in den Wagen trug, bedrohten ihn drei Maskierte mit einer Schusswaffe und stießen ihn in den Transporter. Sie entkamen mit der Beute – auch hier brannte wenig später das Fluchtauto aus.

Der erneute Überfall machte schnell die Runde. Eine Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste, kurz: BDGW, hält es für „sehr unwahrscheinlich“, dass sich die Sicherheitsleute in einer Pause befanden. „Mit beladenem Fahrzeug werden keine Pausen gemacht.“ Eine Polizeisprecherin hingegen wiegelte einen möglichen Verdacht ab. „Das werden die mit Sicherheit nie wieder tun.“ Derzeit gebe es keinen Verdacht gegen die drei Sicherheitsleute.

Das Leben der Mitarbeiter steht im Vordergrund

Der Fahrer des Wagens jedenfalls habe richtig gehandelt, auf Druck der Diebe den Wagen zu öffnen, sagt die BDGW-Sprecherin. „Wir dürfen nicht vergessen: Es geht nur um Geld. Wenn die anderen Mitarbeiter draußen bedroht werden, ist es richtig, dass der Fahrer die Fahrzeugtür öffnet.“

Bei dem zuständigen Sicherheitsunternehmen – es war ein anderes als das beim Überfall am Kurfürstendamm – handelt es sich um eine Firma, die vor einigen Monaten in einer Reportage des Journalisten Günter Wallraff am Pranger stand. Die Recherchen ergaben schrottreife Geldtransporter und schlecht ausgebildetes Sicherheitspersonal. Am Dienstag war das Unternehmen in Karlsruhe nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Die Firma ist kein Verbandsmitglied der BDGW. Das könne man nur werden, wenn die Mitarbeiter eine Ausbildung mit IHK-Abschluss hätten. Eine weitere Pflicht sei, dass der Aufenthaltsort des Fahrzeugs stets per Satellit ermittelt werden könne. Bei Unregelmäßigkeiten könne das Fahrzeug sogar aus der Ferne gestoppt werden. Angriffsfläche für Diebe biete dieses System nicht, heißt es beim Verband. Grundsätzlich gelte bei der Tourenplanung, dass niemals die gleichen Routen an den gleichen Tagen gefahren werden. Auf der Strecke sollten die Mitarbeiter den Wagen nicht verlassen – ein gepanzerter Geldtransporter lässt sich so kaum aufhalten. „Da kommt keiner rein“, sagt die Sprecherin.

Kritisch ist, wie zuletzt bei dem Überfall vor dem Apple-Store, der Moment, in dem der Geldbehälter in den Wagen getragen wird: das „Bürgersteigrisiko“. „Das ist der unsicherste Moment in der ganzen Kette“, so die Sprecherin. Die Geldkassette ist nie einfach zu knacken. Beim gewaltsamen Öffnen wird das Geld unbrauchbar, beispielsweise durch Farbe.

Immer wieder kam es in den vergangenen Monaten zu spektakulären Überfallen in der City West. Es war bereits der zweite Raubüberfall auf einen Geldtransporter innerhalb weniger Tage: Die Tat erinnert stark an den Überfall auf einen Geldtransporter vor dem Apple-Store am Kurfürstendamm vor anderthalb Wochen. Auch dort waren es drei maskierte Täter, von denen mindestens einer eine Waffe trug, allerdings ereignete sich die Tat noch am helllichten Tag, gegen 17.50 Uhr. Einer der Insassen des Geldtransporters trug gerade Einnahmen aus dem Shop zum Wagen, wurde bedroht und in den geöffneten Transporter gestoßen. Neben einem Geldbehälter wurde auch der Revolver des Mannes geraubt. Das Fluchtauto, damals ein Citroen, wurde später – ebenfalls ausgebrannt – in der Bundesallee aufgefunden. Verletzt wurde auch bei diesem Überfall niemand.

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