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Steglitz-Zehlendorf: Unterschlagung im Ordnungsamt flog nur zufällig auf

Die Unterschlagung von 268.000 Euro im Ordnungsamt Steglitz-Zehlendorf wurde nur bemerkt, weil ein Kleinbetrag vermisst wurde. Trotzdem verweist die Finanzverwaltung auf dichtmaschiges Kontrollnetz und jährliche Prüfung.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Böse ist allgegenwärtig. Alle Jahre wieder leiten schwarze Schafe im öffentlichen Dienst größere Geldbeträge aus der Behördenkasse auf das eigene Konto um und probieren dabei viele Tricks aus. So wie der leitende Mitarbeiter aus dem Ordnungsamt Steglitz-Zehlendorf, dem die Staatsanwaltschaft jetzt vorwirft, Bußgelder und Gebühren für Parkvignetten samt Quittungen unterschlagen zu haben. Der vermutete Schaden beträgt mindestens 286 000 Euro.

Der Betrug flog nur zufällig auf. „Uns fehlten 70 Euro in der Kasse, deshalb haben wir das Verfahren für Bareinzahlungen seit Mitte Juli überprüft“, sagte die Wirtschafts-Stadträtin Barbara Loth (SPD) am Dienstag. Der kleine Betrag fand sich wieder, gleichzeitig wurde der große Fehlbetrag entdeckt. Zunächst suchten die Prüfer nach anderen, für den fachlichen Zweck nicht zuständigen Konten, auf denen das Geld verschwunden sein könnte. „Das wäre ein Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung gewesen, aber nicht strafbar“, sagte Loth. „Wir hatten ursprünglich keinen Verdacht.“ Nun liegt die Anzeige des Bezirksamts wegen des Verdachts der Unterschlagung bei der Berliner Ermittlungsbehörde. Geprüft wird dem Vernehmen nach auch, ob der Mitarbeiter die Computer-Software des Ordnungsamts manipuliert hat.

Oberstaatsanwalt Hans Jürgen Fätkinhäuer, der die Zentralstelle „Korruptionsbekämpfung“ leitet, will sich zu dem konkreten Fall nicht äußern, denn es handele sich nicht um Korruption, sondern um „eine reine Veruntreuung von Geld“. Bei den Kontrollmechanismen und deren Anwendung dürfte es in den einzelnen Bezirken sicher Unterschiede geben, aber die Innenrevision sei Sache der jeweiligen Verwaltung und da verfüge er über keinen genauen Kenntnisstand.

Die Finanzverwaltung des Senats geht davon aus, „dass unsere Regelungen ausreichend sind“, sagte ein Sprecher. Auf dem Papier ist tatsächlich alles gut geregelt. So schreibt die Landeshaushaltsordnung vor, dass sämtliche Zahlungs- und Buchungsstellen in der Verwaltung mindestens jährlich „unvermutet zu prüfen“ sind. Dabei werden Ist- und Sollbestand der Kassen und Zahlstellen verglichen, alle Bücher, Belege und Vorgänge, die per EDV erfasst sind, kontrolliert. Der Zeitpunkt der Prüfung darf der betroffenen Behörde vorher nicht bekannt gegeben werden. Die Kassenprüfung kann sich auf Stichproben beschränken, aber der Kassenbestand wird jedes Jahr komplett nachgezählt. In einer Ausführungsvorschrift werden die Regeln für den Umgang mit Buchungen und Barbeständen bürokratisch penibel vertieft. Dem Landesrechnungshof wird jährlich eine Liste aller Prüfungen übermittelt.

In der Praxis gelingt es dennoch findigen Geistern, öffentliche Mittel zu veruntreuen. Eine Angestellte des Landesverwaltungsamts erschwindelte mit gefälschten Zahnarztrechnungen 600 000 Euro. In Lichtenberg überwies eine Sachbearbeiterin 750 000 Euro aus der Sozialhilfe an ihren Geliebten. Zwei Beamte in der Bauverwaltung rechneten fingierte Bauleistungen ab – Schaden: 96 000 Euro. Im Neuköllner Sozialamt zweigte ein Mitarbeiter 25 000 Euro auf sein Privatkonto ab. In Spandau veruntreute eine Sachbearbeiterin 230 000 Euro Eingliederungs- und Pflegehilfen. Im Sozialamt Pankow gab es einen vergleichbaren Fall. Wie viele andere Fälle bisher unentdeckt blieben – mag niemand schätzen.

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