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Urteilsverkündung: Mildes Urteil für den "Präsidenten"

Der als "Präsident" bekannt gewordene Neuköllner Drogenhändler Mahmoud Al-Z. muss ins Gefängnis. Nach einem Geständnis und einem Deal mit der Staatsanwaltschaft verutreilten ihn die Richter wegen Drogenhandels zu einer Haftstrafe von vier Jahren und drei Monaten.

Berlin - Lässig lehnte sich der „Präsident“, einer der bekanntesten Kriminellen der Stadt, bei der Urteilsbegründung zurück. Nach 12 Minuten sah Mahmoud Al-Z. dann auf die Uhr – als hätte er Wichtigeres zu tun. Was die Richter sagten, überraschte ihn nicht. Vier Jahre und drei Monate Haft wegen Beteiligung an Drogengeschäften verhängten sie gestern. Ein bescheiden wirkendes Ende für das Großverfahren, an dessen Anfang vor rund drei Jahren die spektakuläre Verhaftung des „Präsidenten“ in Neukölln stand.

Als der Prozess vor zwei Jahren im ersten Anlauf begann, herrschten strenge Sicherheitsvorkehrungen. Al-Z. wurde aus der Untersuchungshaft vorgeführt und saß im Saal hinter Panzerglas. Mitangeklagt waren neun Männer und zwei Frauen – darunter Ahmed A.-K., der die Seiten gewechselt hatte und vom einstigen Vertrauten des „Präsidenten“ zum Kronzeugen der Anklage geworden war. Die Staatsanwälte warfen Al-Z. bandenmäßigen Drogenhandel vor. Ihm drohten bis zu 15 Jahre Gefängnis.

Der Kronzeuge packte zwar aus. Doch vielleicht habe der Mann, der schon einmal mit Al-Z. vor Gericht saß und zuletzt nicht mehr gut auf diesen zu sprechen war, aus Rache ausgesagt, hieß es nun im Urteil. Auch müsse gefragt werden, was von einem Kronzeugen zu halten ist, bei dem nach einer „Lebensbeichte“ erneut Streckungsmittel für Drogen gefunden werden. Der Blick des Vorsitzenden Richters ging zur Staatsanwaltschaft. Die Behörde werde überlegen müssen, wie weit man mit einem solchen Zeugen komme.

Das Verfahren war insgesamt keine Glanzleistung der Justiz. Der erste Anlauf scheiterte: Verteidiger hatten Erfolg mit Befangenheitsanträgen. Nach 20 Monaten Untersuchungshaft wurde Al-Z. im Dezember 2006 in die Freiheit entlassen – nach Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Grund war die überlange Dauer der U-Haft. Die Anklagebank leerte sich nach und nach. Der Kronzeuge als Drahtzieher der fraglichen Drogengeschäfte wurde im März 2007 zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Doch schon in dem damaligen Urteil nicht mehr von einer Bande die Rede. Es habe sich eher um eine „Zweckgemeinschaft auf Zeit“ gehandelt, befanden die Richter.

Vergangene Woche nun legte Al-Z. ein Geständnis ab. Das Gericht bezeichnete es als „spät, aber sehr wertvoll“. Der 41-Jährige räumte eine Verstrickung in vier Rauschgiftgeschäfte ein. Dabei ging es um insgesamt 1350 Gramm Kokain und zehn Kilo Haschisch. In drei der Fälle will er den Transport abgesichert und dafür ein paar Gramm Kokain erhalten haben. Der Aussage war ein sogenannter Deal vorausgegangen. Gericht, Staatsanwalt und Verteidiger hatten sich für den Fall eines solchen Geständnisses auf eine maximale Strafe von vier Jahren und drei Monaten geeinigt. Rabatt für das Geständnis, Rabatt auch für die von der Justiz verschuldete Verfahrensdauer. Neun Monate der Strafe gelten als verbüßt, hieß es im Urteil. Rechnet man die U-Haft ab, bleiben Al-Z. lediglich 22 Monate.

„Wir werden mit dem Urteil leben“, sagte der für organisierte Kriminalität zuständige Abteilungsleiter im Landeskriminalamt, Bernd Finger, gestern. Gut sei, dass „ein umfangreiches Ermittlungsverfahren von der Justiz zu Ende geführt“ worden sei. Jetzt solle Al-Z. erst einmal seine Strafe absitzen, danach solle er abgeschoben werden, hieß es. Und „so gering“ sei das Urteil ja nicht, sagte Finger – was andere Ermittler anders sehen. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Eberhard Schönberg, sprach von einer „Zwei- Klassen-Justiz“. Al-Z. komme mit geringerer Strafe davon als ein normaler Dealer, sagte Schönberg: „Und das nur, weil er genug Geld hat, um der Justiz ein langwieriges und kompliziertes Verfahren aufzuzwingen, dass sie angesichts ihrer personellen Situation nicht führen kann.“ Seit langem fragen sich die Ermittler, mit welchen Geld Al-Z. wohl seine Anwälte bezahle – die immer aus der ersten Liga sind. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Frank Henkel sagte: „Wichtig ist, dass Al-Z. erst mal hinter Gittern sitzt.“

Offen bleibt aber, ob es den Behörden tatsächlich gelingt, Al-Z. abzuschieben. Zwar war es der LKA-Sonderkommission „Ident“ wie berichtet 2003 gelungen, dem Kriminellen seine türkische Herkunft nachzuweisen. Mit den falschen Personalien „Mahmoud Al-Z.“ habe er sich ausländerrechtliche Duldungen erschlichen, lautet der Vorwurf in einem weiteren Verfahren gegen Al-Z. Dennoch kann Al-Z. derzeit nicht abgeschoben werden: Die Türkei hat ihn ausgebürgert und in die Staatenlosigkeit entlassen. Begründung: Der Mann habe seinen Wehrdienst in der Türkei nicht angetreten. Finger ist, was die Abschiebung betrifft, dennoch verhalten optimistisch: „Wir werden genau prüfen, was ausländerrechtlich möglich ist.“

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