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Polizist und homosexuell - für viele immer noch ein Tabu.

© dpa

Polizei-Kongress an der Spree: Polizist und schwul?

Für viele Polizeibeamte ist es immer noch ein Tabu, sich als schwul oder lesbisch zu outen. Auf der großen EGPA-Konferenz, die am 18. Juni startet, kommen europäische Polizisten aus 20 Ländern nach Berlin, um Mut zu machen und über Schwulenhass in Russland zu diskutieren.

Amsterdam, Stockholm, Barcelona, Wien, Dublin – und nun Berlin. Wie das klingt: metropolenhaft, weltoffen. Für Marco Klingberg ist es mehr als nur folgerichtig, dass ausgerechnet zum 10. Jahrestag einer der wichtigsten schwul-lesbischen Kongresse an der Spree ausgerichtet wird: die EGPA-Konferenz 2014.

Die Abkürzung steht für die „European Gay Police Association“ – das ist ein Zusammenschluss von homo-, bi- und transsexuellen Polizisten aus ganz Europa. 300 Beamte aus mindestens 20 Ländern werden vom 18. bis 21. Juni erwartet, hinzu kommen Teilnehmer aus den USA, Australien und Israel. Sie alle werden in der Urania zur Situation homosexueller Polizisten in ihren Ländern konferieren und gemeinsam während des CSD Netzwerke knüpfen.

Offen zur Homosexualtiät stehen - eine Ausnahme

Klingberg, 43 Jahre, Polizeikommissar in Potsdam, ist als Vorstand des „Vereins lesbischer und schwuler Polizeibediensteter Berlin-Brandenburg“ einer der Mitorganisatoren. Stolz schwingt mit, wenn auch unaufdringlich, wenn er von der Vereinsarbeit erzählt und von den Konferenzen, die alle zwei Jahre in europäischen Metropolen stattfinden. Denn dass beim Treffen in Amsterdam die niederländische Königin die Teilnehmer empfing oder nun in Berlin Polizeipräsident Klaus Kandt eine Rede halten wird, wäre zu Beginn seiner Polizeilaufbahn vor mehr als 20 Jahren kaum denkbar gewesen. .

Als Klingberg anfing, wusste keiner seiner Kollegen, dass er schwul ist. Doch während andere sich eine Lebenslüge aufbauten mit Scheinfreundin und Scheinaktivitäten, schien Klingberg diese psychische Belastung einfach zu groß. Schon bald erzählte er ganz ehrlich, wo er am Wochenende mit seinem Freund war. Die Reaktionen waren meist: „Das hätte ich ja gar nicht gedacht, dass du schwul bist.“ Das Bild innerhalb und außerhalb der Polizei hat sich offenbar nicht groß verändert, das ist zumindest Klingbergs Erfahrung: Polizist und schwul oder lesbisch zu sein, dass passt für viele noch immer nicht zusammen. Dann kommen sie oftmals, die stereotypen Bilder: Kann ein Schwuler denn überhaupt seine Waffe richtig halten? Sind „die" nicht „viel zu weich“ für den Job?

Mut machen für ein Coming-Out

„Wir sind noch lange nicht da angekommen, dass schwule oder lesbische Polizeibedienstete als ganz normal akzeptiert werden“, sagt Klingberg. Gesellschaftliche Akzeptanz, das und die rechtliche Gleichstellung seien wichtige Punkte in der Vereinsarbeit. So kämpfen die Berliner Mitglieder etwa dafür, dass verpartnerte Beamte genauso die Familienzuschläge bekommen wie die verheirateten Polizisten. Aber auch noch nicht geouteten Kollegen wollen sie eine Hilfe sein, denn viele fürchten, berufliche Nachteile zu haben, nicht befördert zu werden, wenn sie ihre Homosexualität offenbaren.

Beispiele dafür kann Klingberg viele nennen. So habe sich eine seiner Kolleginnen anhören müssen, dass sie es doch nur mal richtig besorgt bekommen müsse von einem Mann, dann sei der Spuk mit dem Lesbischsein auch vorbei. Und als Beweis habe sich der Kollege dann selbst andienen wollen und sei körperlich zudringlich geworden. Die Kollegin konnte sich versetzen lassen

Nicht wegdiskutieren, aber nicht überbewerten

Vielen Kollegen sei das alles zu viel. „Jetzt auch noch ein Kongress? Was wollt ihr denn noch alles?“, heiße es oft. Auch einer von den Punkten, die Klingberg und seine Mitstreiter auf dem Kongress deutlich machen wollen: Es gehe nicht darum, überzogene Erwartungen zu stellen. Eine Beleidigung bleibe eine Beleidigung. Sie sei nicht schlimmer oder weniger schlimm, wenn das Opfer schwul oder lesbisch ist. Aber es gehe darum, korrekt zu ermitteln: „Nicht überbewerten, aber eben auch nicht wegdiskutieren.“

Themenschwerpunkt Russland: Ende der Repressalien

Besonders wichtig sei aber in diesem Jahr, über die Lage in Osteuropa zu sprechen. Denn während hierzulande über die Wichtigkeit oder Unwichtigkeit eines solchen Kongresses diskutiert wird, drohen andernorts, etwa in Russland, Homosexuellen schlimmste Repressalien. Somit sei klar, dass kein schwuler Polizist aus Russland an der EGPA-Konferenz teilnehmen könne, „denn der wäre erledigt, wenn das rauskommt", sagt Klingberg. Aber russische Aktivisten, die über die Lage der Homosexuellen in Russland berichten, werden erwartet.

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