zum Hauptinhalt

Berlin vor dem 1. Mai: Polizei rüstet sich für schwere Krawalle

Präsident Glietsch rechnet am 1. Mai mit mehr Militanz. Autonome demonstrieren am Sonnabend

Die linksautonome Szene rüstet am heutigen Sonnabend zeitgleich zu zwei Demonstrationen. Um 16 Uhr heißt es vor der Nationalgalerie „MoMA umsonst“ und auf dem Breitscheidplatz „Schwarzfahren ist nicht kriminell, sondern notwendig“. Die Sicherheitsbehörden sehen bei dieser Demonstration gegen die BVG-Preispolitik, die zum Hauptsitz der BVG am Kleistpark führt, das größere Risiko. Nach Informationen des Tagesspiegels will die Szene auf einen Sturm der Nationalgalerie und der MoMA-Ausstellung verzichten. „Es gibt keinen Glasbruch“, sagte ein Aktivist gestern. Man wolle bei dieser Demonstration „freien Zugang“ fordern, hieß es. Wie berichtet, nimmt die Nationalgalerie die seit Tagen im Internet kursierende Aufforderung „MoMA umsonst“ sehr ernst. Ein großes Polizeiaufgebot werde am Sonnabend dort präsent sein.

Das Gleiche gilt für die Demonstration gegen die BVG, den ersten von mehreren Aufzügen, die in den Wochen bis zum 1. Mai folgen sollen. Sie alle zählen zu den so genannten Mai-Steinen, wie die linksextremistische Szene die Aktionswochen bis zum 1. Mai benannt hat. Am Freitagnachmittag sollte eine Demonstration in Köpenick vor der Bundeszentrale der rechtsextremen NPD stattfinden. Nach Angaben der Polizei sammelten sich aber nur 50 Personen am S-Bahnhof Köpenick. Bis Redaktionsschluss gab es keine Vorfälle.

Die Polizei rechnet am 1. Mai mit schwereren Krawallen als bisher. „Die Ausschreitungen könnten noch etwas stärker sein als in den vergangenen Jahren“, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch. Es habe in den vergangenen Monaten „etwas mehr Aktionismus“ in der linken Szene gegeben. Die traditionell zersplitterte Szene hat sich erstmals auf eine gemeinsame Demo geeinigt. Mit dem Protest gegen „Sozialabbau“ ist zudem ein Thema gefunden, auf das sich alle beteiligten Gruppierungen einigen konnten. Ein weiterer Anlass für Krawalle könnten die internationalen politischen Ereignisse vor dem Wochenende sein, wie die OSZE-Konferenz, der Besuch des israelischen Staatspräsidenten Katsav und die Feier zur EU-Osterweiterung. Diese findet am Abend der „Walpurgisnacht“ – dem traditionellen Auftakt der Mai-Krawalle am 30. April – im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt statt. Wie berichtet, darf eine Demo der Autonomen gegen die Ost-Erweiterung nicht in die Nähe des Gendarmenmarktes kommen. Glietsch betonte, die Polizei bereite sich seit Monaten intensiv vor. Zwischen 7500 und 8000 Polizisten und Beamte des Bundesgrenzschutzes aus ganz Deutschland sollen im Einsatz sein. Die Zahl werde gegenüber den vergangenen Jahren aber nur leicht erhöht. Längere Ausschreitungen von Autonomen und Jugendlichen, bei denen die Polizei nicht eingreift, dürfe es dieses Jahr nicht geben, sagte Glietsch. Im vergangenen Jahr hatte die Polizei etwa eine halbe Stunde nicht eingegriffen, als Randalierer Autos anzündeten und sämtliche Scheiben eines Autohauses einwarfen. „Wir haben das taktische Konzept etwas verändert“, sagte Glietsch. Einzelheiten wolle er nicht bekannt geben. Die Polizeiführer vor Ort hätten aber umfangreiche Kompetenzen für eigenständige Befehle, und die Erwartungen an sie würden vorher deutlich gemacht, „damit keine Missverständnisse entstehen“. Senat und Polizei wollen weiterhin auf die Kombination von Prävention und konsequentem Durchgreifen gegen Störer und Straftäter setzen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false