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Berlin: Polizei stattet Autos mit Kameras aus – für 660 000 Euro

Neues Polizeigesetz legalisiert bisherige Praxis Datenschützer: Videoüberwachung wird überschätzt

Die Polizei darf ab Januar auf Videobilder der BVG zurückgreifen, Einsätze filmen und Vermisste per Handy orten. Denn zum Jahreswechsel treten die am Donnerstagabend beschlossenen Änderungen des umstrittenen Polizeigesetzes (Asog) in Kraft. Einen genauen Termin gibt es nach Auskunft der Innenverwaltung jedoch nicht. Zu stoppen wäre die Novelle nur noch per Verfassungsbeschwerde. Eine solche hatte Grünen- Fraktionschef Volker Ratzmann bei der Beratung im Innenausschuss angekündigt. Die Verwaltung ist jedoch sicher, dass die Änderungen rechtmäßig sind.

Danach ist es der Polizei künftig erlaubt, bei der BVG eigene Kameras zu installieren. Auch die 342 Streifenwagen der Polizeiabschnitte werden mit Videokameras ausgerüstet, um Verkehrskontrollen künftig aufzuzeichnen. Neu ist auch, dass die Polizei Vermisste oder selbstmordgefährdete Personen per Handyortung suchen darf.

Vor allem bei dem in der Politik umstrittensten Punkt, der Videoüberwachung von U-Bahnhöfen, erwarten Experten kaum praktische Auswirkungen. Schon greife die Polizei auf die Aufzeichnungen der BVG-Kameras zu, sagte Unternehmensprecherin Petra Reetz. Dass die Polizei eigene Kameras montiere, sei unwahrscheinlich. Schon bei der Fußball-WM hatte sich die Polizei die Bilder der BVG- Kameras direkt ins Präsidium geholt.

Auch bei der Ortung von Mobiltelefonen schafft die Asog-Änderung lediglich die rechtliche Grundlage für die bisherige Praxis. Kritiker hatten befürchtet, dass Berlin jetzt Geräte beschafft, mit denen auf Handygespräche abgefangen werden können. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte aber versichert, dass weiter nur die Lokalisierung von Handys mit den vorhandenen Geräten möglich sein soll. Teuer wird die Ausstattung von Polizeiautos mit Kameras: 660 000 Euro sind dafür vorgesehen. Die Bilder sollen nach Angriffen auf Polizisten der Aufklärung dienen. Der Wunsch war im Jahr 2000 entstanden, nachdem bundesweit mehrere Beamte bei Verkehrskontrollen ermordet worden waren.

Dass sich selbst die mitregierende Linke nicht zu einem einhelligen Ja zu den Änderungen durchringen konnte, begründeten die beiden Abweichlerinnen mit ihrer Befürchtung, dass unschuldige Bürger in ihrer Freiheit eingeschränkt würden, wenn sie etwa in der Bahn, bei Demonstrationen oder bei Polizeikontrollen gefilmt und die Bilder gespeichert würden. Nach dem Anwaltsverein hatte auch die Humanistische Union Bedenken angemeldet und darauf verwiesen, dass die Videoüberwachung bei der BVG laut einer Studie keine Straftaten verhindert habe. Als Zugeständnis an die eigenen Kritiker einigte sich die Koalition zwei Tage vor der Abstimmung auf die eher symbolische Änderung, die Aufbewahrung von Polizei-Bildern nur „für Zwecke der Eigensicherung“ zu streichen und fügte einen Paragrafen hinzu, der die Überprüfung der Novelle nach zwei Jahren vorsieht.

Nach Ansicht des Datenschutzbeauftragten Alexander Dix liegt das Berliner Gesetz „im Mittelfeld“ der Bundesländer. Die Regelungen seien „nicht zu vergleichen mit den exzessiven Überwachungsgesetzen“, die auf Bundesebene schon beschlossen oder im Gespräch seien. Allerdings werde der Nutzen der Videoüberwachung allgemein überschätzt.

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