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Polizei verschiebt Termin: Bilanz mit Totalschaden

Am Donnerstag sollte die Verkehrsunfallbilanz fürs Jahr 2012 veröffentlicht werden. Doch dann wurde der Termin kurzfristig abgesagt. Tagesspiegel-Autor Stefan Jacobs über eine späte, aber richtige Erkenntnis bei den Verantwortlichen.

Der verwaltungstechnische Aschermittwoch endete in Berlin exakt um 19.57 Uhr mit einer Rundmail der Polizei. Die Betreffzeile begann mit „Dringend!!! Wichtig!!!“ und stand über dem Hinweis, dass die für den Folgetag 11 Uhr geplante Präsentation der Berliner Verkehrsunfallbilanz 2012 leider ausfallen müsse – „aufgrund eines kurzfristig entstandenen Abstimmungsbedarfs“.

Das klang, als müsse die Statistik noch mal dringend zum Friseur. Schön sieht sie nämlich nicht aus nach allem, was man bisher schon weiß: Mehr als 2000 Schwerverletzte durch Verkehrsunfälle und 15 überwiegend ohne eigenes Verschulden getötete Radfahrer bedeuten die nochmalige Verschärfung eines Dramas, das viele betrifft und erstaunlich wenige aufregt, die es aufregen müsste. Jedenfalls hat Innensenator Frank Henkel seine Law-and-Order-Evergreens bisher kaum dem alltäglichen Wahnsinn auf unseren Straßen gewidmet. Oder muss man 130 000 Unfälle pro Jahr in Berlin normal finden?

Das haben sie sich offenbar auch in Henkels Verwaltung gefragt – nur eben leider erst am Tag vor der seit Wochen angekündigten Polizeiveranstaltung. „Es gab den Wunsch, das in einem anderen Format zu präsentieren“, sagt Henkels Sprecher und deutet so etwas wie eine politische Botschaft als künftige Beigabe an. In anderen Bundesländern ist das selbstverständlich; in Brandenburg saßen zum gleichen Anlass jüngst zwei Minister neben dem Polizeipräsidenten. Der Flurfunk weiß ferner von einem Telefonat zwischen Henkels Innen- und Müllers Verkehrsverwaltung am Donnerstagmorgen zu berichten: Ob nicht auch von dort jemand dabei sein wolle? Dazu muss aber erst ein neuer Termin gefunden werden. Abstimmungsbedarf. Ein bisschen jeck, die ganze Nummer, aber vielleicht hat dieser Aschermittwoch auf lange Sicht dann doch sein Gutes – und die Unfallstatistik wird eines Tages so ansehnlich, dass sie keinen Friseur mehr braucht.

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