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Berlin: Polizisten fühlen sich vom Datenschutz gebremst

Soll im Internet nach den Straftätern vom 1. Mai gefahndet werden? Pro und Contra Plünderung und Steinwürfe sind keine schwerwiegenden Taten, sagt der Datenschützer

Für die Berliner Polizei ist es ein weiterer Knüppel, der ihr zwischen die Beine geworfen wird: Der Datenschutz will nicht, dass auch im Internet nach den Randalierern des 1. Mai gefahndet wird; nur eine Plakatfahndung sei erlaubt. In den vergangenen beiden Jahren hatte die Polizei diese Plakate auch in ihr Internet-Angebot aufgenommen, in diesem Jahr nicht mehr. Die 35 Fotos der 30 bei den Maikrawallen gefilmten Randalierer dürfen jetzt nur in Form von 4000 Plakaten in Behörden und Schulen ausgehängt werden. Nachdem der Berliner Datenschutzbeauftragte im Vorjahr die Internetfahndung moniert hatte, verzichtete in diesem Jahr die Staatsanwaltschaft von sich aus auf diese Form der Fahndung. Offizielle Begründung: Im Vorjahr gab es keine Hinweise auf Verdächtige übers Internet. Hinter vorgehaltener Hand heißt es jedoch, dass die Justiz den Streit mit dem Datenschutz scheute.

Denn im Jahr 2002 missfiel den Datenschützern, dass auf den Fahndungsplakaten nicht nur Steinewerfer, sondern auch Plünderer gesucht worden waren – unterschiedslos. „Da ist keine Einzelfallprüfung gemacht worden“, bemängelt Anja-Maria Gardain, Sprecherin des Datenschutzbeauftragten Hansjürgen Garstka. Bei Plünderern sei lediglich die regionale Fahndung über Plakate oder Zeitungen zulässig, nicht jedoch die weltweite Fahndung im Internet. Denn Plündern am 1. Mai ist aus Sicht Gardains kein „besonders schwerer Landfriedensbruch“. Und „Straftaten erheblicher Bedeutung“ müssen vorliegen, damit Fotos ins Internet gestellt werden dürfen, dies fordere die Strafprozessordnung. Die Internet-Fahndung nach Bankräubern sei dagegen nicht zu beanstanden.

Polizisten schütteln über diese Einschätzung nur mit dem Kopf. „Die Fahndung per Internet halte ich für vernünftig“, sagte zum Beispiel Kriminaloberrat Oliver Knecht, der bei der Kripo für Sexualdelikte zuständig ist. „Auch Internetnutzer sollen sich die Fotos ansehen können.“ Natürlich gebe es per Internet noch keine spektakulären Fahndungserfolge, Knecht erinnerte aber daran, dass die anfangs belächelte ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ „inzwischen ein etabliertes Fahndungsmedium“ geworden sei. Datenschutzbelange werden nach Einschätzung Knechts zu sehr in den Vordergrund gestellt, ein zweites Beispiel sei, dass Phantomzeichnungen wie Fotos gewertet würden. Auch der für Raubtaten zuständige Inspektionsleiter im LKA, Manfred Schmandra, hält die Differenzierung zwischen Plakat- und Internet-Fahndung für unsinnig. „Wenn schon öffentlich, dann in aller Breite“, sagte Schmandra dem Tagesspiegel. „Datenschutz darf kein Täterschutz sein“, fordert der Kriminaloberrat. Dass die Fotos der Mai-Randalierer nicht im Internet gezeigt werden dürfen, „dafür fehlt mir jedes Verständnis“, sagt Schmandra. Seine Leute hätten das Internet zum Beispiel genutzt, um die Videosequenzen und Fahndungsfotos des „Schwarzen Riesen“, der im Frühjahr eine Raubserie verübt hatte, den vor allem heimgesuchten Videotheken und Tankstellen zu übermitteln. Freie Hand hat die Polizei bei Fahndungsfotos ohnehin nicht, ein Richter muss jeder Veröffentlichung zustimmen. Eine Reihe von spektakulären Festnahmen gelang in diesem Jahr durch die Veröffentlichung von Fotos – es ist doch nur eine Frage der Zeit, wann der erste Treffer per Internet gelingt, heißt es bei der Polizei.

Informationen im Internet:

www.berlin.de/polizei/index.html

www.bka.de

www.datenschutz-berlin.de

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