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Berlin: Polizisten kassierten in die eigene Tasche

Zwei Beamte zu Bewährungsstrafen verurteilt

Als Angeklagte wirkten die beiden Polizisten scheu, wortkarg, betrübt – und waren so für die Zeugen kaum wiederzuerkennen. Denn als diese das letzte Mal auf Thorsten R. und Ingo B. getroffen waren, trugen die beiden noch Uniform und gaben sich durchaus selbstbewusst. „Eine Quittung? Kostet fünf Euro extra“, bekam ein Golf-Fahrer an den Kopf geknallt, als er gerade ein Bußgeld bar gezahlt hatte. Quittungen schadeten dem Geschäft des Duos, da die Polizisten nicht vorhatten, das Geld, das sie bei ihren fingierten Kontrollen eintrieben, später an die Staatskasse abzugeben.

Die Wegelagerei ist aufgeflogen, die beiden Beamten – 36 und 32 Jahre alt – sind inzwischen vom Dienst suspendiert. Wegen Unterschlagung und Verfolgung Unschuldiger saßen sie gestern vor dem Amtsgericht. Die Ermittler konnten 14 Opfer ausfindig machen, die zwischen September 2004 und Mai 2005 Beträge zwischen 15 und 40 Euro für den Eigenbedarf der beiden Angeklagten zahlten. In zwei Fällen hatten sie zudem Handy-Verstöße am Steuer erfunden, um ihre Privatkasse etwas aufzubessern.

Golf-Fahrer Khalil A. war angeschnallt, als er von einem der beiden Angeklagten gestoppt wurde. Weil er seine Papiere zeigen sollte, löste er den Gurt. „Sie sind nicht angeschnallt“, hörte er plötzlich. „Gib mal 20 Euro, dann ist es okay“, kam die Forderung gleich hinterher. Er habe schließlich gezahlt, als ihm mit einer Anzeige gedroht worden sei, sagte der 23-Jährige. Als die Staatsanwältin die Anklage verlas, schien R. noch kämpferisch. Immer wieder schüttelte er den Kopf. Doch es hatte Vorgespräche zwischen Gericht, Verteidigung und Staatsanwaltschaft gegeben. „Mein Mandant räumt die Vorwürfe ein“, erklärte sein Verteidiger. „Ich bin mit der Sache nicht zufrieden“, sagte der Ex-Polizist später auf dem Gerichtsflur. Ob er damit den Prozess oder seine kriminelle Masche meinte, ließ er allerdings offen.

Sein Taschengeld hatte er mit seinem Kollegen stets in Kreuzberg und Neukölln aufgebessert. Für die Abzocke nahmen sie bevorzugt Gurtmuffel oder Handybenutzer ins Visier. Manche zahlten sofort und verlangten keine Quittung. Bei anderen wurde wie auf dem Basar gehandelt. „Handy am Steuer macht 50 Euro“, erklärten sie in einem Fall. Bei Barzahlung seien es nur 30 Euro…

Insgesamt 350 Euro ergaunerten die Polizisten. Wegen „lächerlicher Geldbeträge“ hätten sie dem Ansehen der Polizei sehr geschadet, hieß es im Urteil. Das Motiv sei offen geblieben. Gegen R., aus Sicht der Anklage die „treibende Kraft“, ergingen 15 Monate Haft auf Bewährung. Bei Rechtskraft des Urteils würde er zwangsläufig aus dem Dienst entfernt werden. B. wurde zu elf Monaten auf Bewährung verurteilt. Seine berufliche Zukunft hängt vom Disziplinarverfahren ab. Kerstin Gehrke

Kerstin Gehrke

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