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Rami K. neben seinem Verteidiger Marvin Schroth in einem Gerichtssaal. Der 28 Jahre alte Mann muss sich wegen Kriegsverbrechen im Irak verantworten.

© Paul Zinken/dpa

Pose mit abgetrennten Köpfen: Irakischer Ex-Militär steht heute weiter vor Gericht

Wegen Kriegsverbrechen im Irak muss sich ein 28-Jähriger vor Gericht verantworten. Am Donnerstag geht der Prozess in Berlin weiter.

Als der Richter das Foto in die Höhe hält, sieht Rami K. nicht auf. Er ist darauf zu sehen. In einer Uniform der irakischen Streitkräfte und mit weit ausgestreckten Armen posiert er, der Ex-Oberleutnant: Die abgeschlagenen Köpfe von zwei getöteten Gegnern hält er an den Haaren. Wie Trophäen. Ein grausiges Foto. „Jede Nacht verfolgt es mich“, sagt K. knapp zwei Jahre später vor dem Kammergericht. Der 28-Jährige, der Ende 2015 als Flüchtling kam, ist als Kriegsverbrecher angeklagt. Er soll die Toten erniedrigt und verhöhnt haben.

Nach einer dreitägigen Schlacht nahe der Stadt Tikrit gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ im März 2015 war es zur Enthauptung gekommen. Ein Offizier, nach Angaben von K. „mit einem Stern mehr“ als er, soll durch die Reihen der Leichen gegangen sein – „mit einem Beil“. Rami K. will den Horror nicht direkt erlebt haben. „Ich war 600 Meter weit weg.“ Der andere Offizier sei dann gekommen, habe ihm die Köpfe gegeben: „Halte sie hoch, damit du fotografiert wirst.“

"Bei Verweigerung hätte die Todesstrafe gedroht"

Rami K. hatte nach seiner Festnahme im August bei der Polizei gestanden. „Ich fühlte mich als Offizier verpflichtet“, gab er zu Protokoll. Hätte er sich geweigert, wäre seine Autorität bei der Truppe untergraben worden. Nun will er sich zunächst auf einen Befehlsnotstand berufen. „Bei Verweigerung hätte die Todesstrafe gedroht“, sagt er aufgeregt. Richter Clemens Brandt fragt nach und sagt:. „Niemand von uns maßt sich an zu wissen, wie es ist, in einem brutalen Krieg zu sein.“

Der Ex-Offizier begann sein Berufsleben als Angestellter einer Bank. Doch dann habe er sich gezwungen gefühlt, sein Heimatland zu verteidigen, sagt der Angeklagte. 2015 begann seine militärische Karriere. „Die Ausbildung war nur kurz.“ Bereits im März 2015 kommandierte er eine Anti-Terror-Einheit – rund 200 Mann stark.

Rami K. floh mit seiner Ehefrau

Die Kämpfe um Tikrit. „Die Luftwaffe bombardierte die Gegner“, schildert der Ex-Offizier. Über den Sieg hätten sich alle gefreut. Was dann mit zwei Leichen geschah, habe es vorher noch nie in seiner Truppe gegeben. „Als ich die Köpfe nahm, habe ich mich nicht wohlgefühlt in meiner Haut, ich hatte innerlich das Gefühl, es ist falsch.“ Er habe eine Woche nicht essen können. „Vorübergehend quittierte ich den Dienst.“ In einer weiteren Schlacht hätten von 650 Kameraden nur sechs überlebt. Danach sei er nicht mehr zur Truppe zurückgekehrt. Mit seiner Ehefrau sei er geflohen.

Im Sommer erfolgte seine Festnahme in einem Flüchtlingsheim in Friedrichshain. Ein Security-Mitarbeiter hatte ihn wegen Bedrohung angezeigt. Polizisten fanden das Horror-Foto auf seinem Tablet. Er habe es aus dem Internet geladen – „als Beweis für meine Bitte um Asyl“, sagt der Angeklagte und kehrt zur früheren Aussage zurück. Einen Befehl habe es nicht gegeben, aber den Druck „von Loyalität, Ansehen“.

Im Prozessvorfeld war im Falle eines Geständnisses eine Strafe von maximal zwei Jahren Haft angedeutet worden. Fortsetzung: am Donnerstag.

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