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© Kitty Kleist-Heinrich

Position: Vertrauen bilden

Gesellschaftliche Vorbilder sind in Zeiten der Krise wichtiger denn je, meint Frank Steffel.

Vertrauen ist eine zarte Pflanze. Ist es zerstört, kommt es so bald nicht wieder“, warnte bereits der Vater der Sozialgesetzgebung Otto von Bismarck. Spätestens nach der Finanz- und Wirtschaftskrise befinden wir uns in einer besorgniserregenden Vertrauenskrise. Quer durch die Gesellschaft haben Autoritäten das ihnen entgegengebrachte Vertrauen verspielt. Wir misstrauen Banken, die mit Unvernunft, ja Maßlosigkeit die Welt in die größte Finanz- und Wirtschaftskrise stürzten. Wir misstrauen Konzernen, die holzschnittartig auf Gewinnmaximierung setzen und dieses höchst unsensibel kommunizieren. Wir misstrauen den Börsen, die durch Spekulation und Kurzatmigkeit Kleinaktionäre abschrecken und deren Kapital vernichten. Wir misstrauen unseren europäischen Nachbarn, die mit Bilanzierungstricks die Stabilität der Staatengemeinschaft und unseres Währungssystems gefährden. Wir misstrauen den Bildungsträgern, weil unsere Kinder im internationalen Wettbewerb nur durchschnittlich sind. Wir misstrauen der Politik, weil sich manch gewählter Mandatsträger zu weit von den Realitäten und der Sprache der Menschen entfernt hat.

Natürlich können diese Beispiele die Probleme nur skizzenhaft umreißen. Aber im Ergebnis erleben wir vielfach die Kapitulation staatstragender Institutionen und die moralische Insolvenz des Gemeinsinns. Durch diese Zerstörung des Vertrauens wird unserer Demokratie die Existenzgrundlage entzogen. Keine Gesetze und keine Staatsgewalt können dauerhaft das Vertrauen in Institutionen und Eliten erhalten. Wenn wir glauben, wir können Vertrauen durch Bürokratie ersetzen, werden wir scheitern.

Wir brauchen einen Paradigmenwechsel: Statt Misstrauen und Missgunst ist es Zeit für Vertrauen und Miteinander. Dabei müssen sich die gesellschaftlichen Eliten ihrer Vorbildfunktion bewusst sein. Engagement für die Gesellschaft und die Rückgewinnung von Vertrauen als Grundlage unserer Demokratie sind das Gebot der Stunde. Dabei reicht es nicht aus, sich nur im eigenen beruflichen Umfeld zu bewegen.

Vertrauen gewinnt man mit vorbildlichem Engagement in Gesellschaft, Sport, Kultur und Kommune. Das jahrzehntelange Engagement der Familie Schweitzer für den Basketball-Erstligisten Alba Berlin, die ehrenamtliche Führung von Hertha BSC durch den Unternehmer Werner Gegenbauer, die Förderung der Hauptstadtkultur durch den Rechtsanwalt Peter Raue und die menschliche Wärme von Frank Zander für Berliner Obdachlose sind vorbildliche Dokumente der gesellschaftlichen Verantwortung. Sie stehen beispielhaft für tausende Berliner, die sich altruistisch und ehrenamtlich in unsere Gesellschaft einbringen.

Wir brauchen mehr Ärzte, Ingenieure, Künstler und Unternehmer in Politik und Parlamenten. Gerade den kleinen und mittelständischen Unternehmern fällt dabei eine entscheidende Rolle zu. In allen demoskopischen Untersuchungen genießt neben dem Bundesverfassungsgericht der inhabergeführte deutsche Mittelstand großes Vertrauen. Diese bodenständigen Unternehmer müssen sich jeden Tag aufs Neue das Vertrauen ihrer Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Banken erarbeiten. Sie leben trotz wirtschaftlicher Zwänge gesellschaftliche Verantwortung, die über Gewinnmaximierung und reine Unternehmensinteressen hinausgeht.

Wir werden die Krise nur überwinden, wenn wir uns wieder der Basis unserer Gesellschaftsordnung, den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft zuwenden. Sie ist mehr als eine Wirtschaftsordnung. Sie ist eine Gesellschaftsordnung, in der der Starke den Schwachen unterstützt, sich jeder Bürger frei entfalten kann, den Risiken des Lebens aber nicht schutzlos ausgeliefert ist. Unsere Gesellschaft ist deshalb auf die aktive Beteiligung dieser Unternehmerpersönlichkeiten bei der Rückgewinnung des Vertrauens angewiesen.

Zur Überwindung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise gehört mehr als nur ein Rettungsschirm für Banken. Wir brauchen eine neue Vertrauenskultur. Insofern liegt in jeder Krise eine Chance, wenn wir es nur wollen.

Der Autor errang im Herbst 2009 in Reinickendorf ein Direktmandat für den Deutschen Bundestag. Dort arbeitet er im Finanz- und Sportausschuss. Der 43-jährige CDU-Politiker ist Inhaber eines mittelständischen Unternehmens für Innenausstattung.

Frank Steffel

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