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Fliesenleger Dirk Heidrich bildet das Wandbild aus dem alten Schwimmbad am Brauhausberg im neuen Potsdamer Freizeitbad blu originalgetreu nach.

© A. Klaer

Potsdam: Im Schwimmbad blu wird das Wandbild nachgezeichnet

Im Potsdamer Schwimmbad blu wird das Wandbild aus der alten Schwimmhalle nachgefertigt – in Handarbeit und teils mit historischem Material.

Es ist ein Puzzle mit fast 5000 Einzelteilen – per Hand zurechtgeschnitten und durchnummeriert von Fliesen- und Mosaiklegermeister Dirk Heidrich. Gemeinsam mit zwei Kollegen setzt er seiner Arbeit am neuen Potsdamer Schwimmbad blu derzeit die Krone auf: Das Fliesenbild, das in der alten Schwimmhalle am Brauhausberg am Nichtschwimmerbecken zu sehen ist, wird für die neue Halle neu erschaffen. Zu sehen sind Taucher, die zwischen lachsfarbenen Fischen, Schildkröten und einem Delfin durchs Blaue schweben. Knapp 14 mal 2,55 Meter misst das Wandbild, mit 35 Quadratmetern der kleinste Teil im blu, für das Heidrich mit seinem bis zu 20-köpfigen Team rund 13.000 Quadratmeter flieste. Aber es ist ein außergewöhnlicher Auftrag.

Das originale Wandbild aus der alten Halle einfach in die neue mitzunehmen, das ging nicht, erklärt Heidrich: Denn die Fliesen sind mit Verlegemörtel befestigt, man könnte sie nur abklopfen, dann aber würden die Fliesen zerspringen. Also entschied sich Heidrich für eine Art „Wiederaufführung“ der Idee seines Vorgängers aus den 1970er Jahren. Er erschafft das Wandbild neu – mit den Techniken und teilweise auch Materialien aus der damaligen Zeit.

"Ich verrate nicht alle Geheimnisse!"

Und damit kennt Heidrich sich aus, auch wenn er selbst erst Jahrgang 1970 ist. Das Fliesenlegerhandwerk erlernte er wie sein Bruder Jens vom Vater – mittlerweile führen die beiden das 1988 gegründete Familienunternehmen in Zernitz-Lohm im südöstlichen Zipfel der Prignitz, bei Neustadt/Dosse. Schwimmbadarbeiten gehören zu den Spezialitäten der Firma: Für die Arbeit an der Schwimmhalle Inselpark in Hamburg wurden die Heidrichs 2013 mit dem ersten Preis beim Wettbewerb „Schwimmbad des Jahres“ der Branchenzeitschrift „Fliesen & Platten“ ausgezeichnet.

Der komplette Nachbau eines Wandbildes wie in Potsdam ist auch für Dirk Heidrich eine Premiere. Für die Aufgabe hat er zunächst das Original genau studiert: Welche Farbtöne haben die Fliesen? Wie ist der Fliesenleger damals vorgegangen? Wie hat er die Fliesen geschnitten?

Fliesen in passenden oder ähnlichen Farbtönen hat Heidrich auch bei heutigen Anbietern gefunden – besonders stolz ist er aber auf eine Lieferung echter DDR-Fliesen in einem verwaschenen Türkis. Er öffnet eine Kiste, zieht eine Fliese heraus und dreht sie um. „Boizenburg. Made in GDR“ ist dort zu lesen – und die Jahresangabe: 1975. Wie er an die mehr als 40 Jahre alte Ladung gekommen ist? Heidrich schmunzelt. „Ich verrate nicht alle Geheimnisse!“

Fliese für Fliese – jede ist 15 mal 15 Zentimeter groß – hat Dirk Heidrich das alte Bild nachgearbeitet. Dass die Schnitte und Figuren nicht so perfekt aussehen, wie man sie mit der heutigen Technik herstellen könnte, ist gewollt. Die Potsdamer sollen „ihr“ Wandbild schließlich wiedererkennen können. „Wir versuchen, den Charme rüberzubringen, und verwenden das Werkzeug, das wir früher zu DDR-Zeiten hatten.“

Wichtigstes Hilfsmittel ist ein Hartmetall-Reißnagel

Wichtigstes Hilfsmittel ist ein Hartmetall-Reißnagel, der auf den ersten Blick wie ein silberner Stift aussieht. Mit dem zieht Dirk Heidrich die gewünschte Konturlinie auf der Fliese nach – das macht ein Geräusch, von dem man eine Gänsehaut bekommt. Heidrich kann die Form danach scheinbar mühelos aus der Fliese brechen. Was so einfach aussieht, bedarf aber einigen Könnens: Es kommt unter anderem auf den richtigen Druck und den Winkel an, in dem man den Stift führt, erklärt Heidrich. Mit einem Diamantschleifschwamm glättet er dann die Bruchkanten – denn die Kinder im Schwimmbad sollen sich später nicht aus Versehen an scharfen Kanten verletzen, wenn sie die Wand berühren.

Jedes einzelne Fliesenquadrat – das seinerseits aus bis zu einer guten Handvoll Teilstücken besteht – klebt Heidrich dann mit Klebeband zusammen und versieht es mit einer Buchstaben-Nummern-Kombination, die für den Platz im fertigen Bild steht. Erst am Ende werden die Einzelteile Stück für Stück mit Fliesenkleber an die Wand gebracht. Zwei Fliesenleger hat Heidrich dafür mit im Bad.

Die Arbeit ist aufwendig und geht deutlich langsamer voran als bei einer gewöhnlichen Fliesenwand. Zwischen sechs und sieben Stunden veranschlagt Dirk Heidrich für einen Quadratmeter – normalerweise liegt der Durchschnitt für Fliesenarbeiten bei einer Stunde pro Quadratmeter. Es ist eine echte Puzzlearbeit. „Aber wenn es sich Potsdam so wünscht...“, sagt Heidrich und lächelt.

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