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Potsdamer Spitzel-Affäre: Stets zu Diensten

Potsdamer Anwaltskanzlei, die Spitzelvorwürfe gegen Stadtwerke klären sollte, arbeitete zuvor für das Unternehmen. Rathaus sieht keinen Interessenskonflikt.

In der Potsdamer Spitzel-Affäre geraten Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) stärker in Bedrängnis. Am Dienstag äußerten Stadtpolitiker Zweifel an der Objektivität des Prüfberichts der Potsdamer Kanzlei Erbe, den Jakobs im Januar zu der mutmaßlichen Spitzelei in Auftrag gegeben hatte. Der Grund: Diese Kanzlei, die den Vorwurf gegen die Stadtwerke-Tochter Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) und deren Chef Paffhausen aufklären sollte, hat in den Vorjahren mehrfach im Auftrag der Stadtwerke gearbeitet. Das bestätigte Stadtsprecher Stefan Schulz.

Schulz sagte, die Kanzlei habe die „Interessen der Stadtwerke in strafrechtlichen Angelegenheiten übernommen“. Dies stehe aber „nicht im Gegensatz“ zum Prüfauftrag. Rechtsanwalt Joachim Erbe sei eine „unabhängige Instanz in der Landeshauptstadt“ und daher beauftragt worden. Eine „unabhängige Prüfung“ sei gewährleistet. Die Kanzlei Erbe äußerte sich mit Verweis auf ihre Verschwiegenheitspflicht nicht. Auch Paffhausen wollte dies nicht kommentieren. Auf die vom Potsdamer FDP-Chef Marcel Yon geäußerte Vermutung, die Erbe-Kanzlei habe in den Jahren 2002 und 2003 in einem Korruptionsverdachtsfall, zu dem die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelte, die Interessen des Stadtwerke- und EWP-Chefs vertreten, gab die Stadtverwaltung auf Anfrage keine Auskunft. Das Verfahren wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft Anfang 2007 eingestellt. Nach Angaben aus EWP-Kreisen soll Anwalt Erbe im Zuge der Korruptionsvorwürfe im Dezember 2002 bereits einmal von Jakobs in dessen Funktion als EWP-Aufsichtsratschef mit einem Prüfbericht beauftragt worden sein, der später im Aufsichtsrat Thema gewesen sein soll.

Der Potsdamer SPD-Chef Mike Schubert sagte gestern, er werde auch angesichts der Zweifel am Erbe-Bericht in der heutigen außerordentlichen EWP-Aufsichtsratssitzung die Abberufung Paffhausens bis zur Klärung der Vorwürfe fordern. Die Rathaus-Kooperation aus SPD, CDU, Bündnisgrünen und FDP will sich in der heutigen Sondersitzung des Hauptausschusses der Forderung anschließen – sollte der Erbe-Prüfbericht die bisher öffentlichen Vorwürfe bestätigen.

Danach wird Stadtwerke-Chef Paffhausen vorgeworfen, die EWP habe 2001 unter seiner Führung das städtische Wohnungsunternehmen Gewoba und dessen Chef Horst Müller-Zinsius vor dem Hintergrund einer möglichen Übernahme heimlich ausspionieren lassen. Den dreiseitigen „Zwischenbericht“ auf Basis „legendierter“ – also getarnter – Gespräche mit Gewoba-Mitarbeitern soll die Berliner Firma „UP Sicherheitsmanagement“ angefertigt haben, dessen Chef ehemals hauptamtlich für die Stasi arbeitete.

Die Entscheidung über eine vorläufige Abberufung oder Freistellung fällt die Gesellschafterversammlung der EWP; beteiligt ist neben der Stadt zu 35 Prozent die E.on Edis. Das Unternehmen wollte sich auf Anfrage zur Spitzel-Affäre bisher nicht äußern. Sabine Schicketanz

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