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Berlin: Prager Präsente

Zum 10. Geburtstag der Städtepartnerschaft stellt sich die Stadt in Berlin vor

Prag quillt über vor Touristen. Der Altstädter Ring kann es mittlerweile, was die Dichte der Reisegruppen und die Fähnchen ihrer Stadtführer angeht, mit dem Markusplatz in Venedig aufnehmen. Und doch sollte es die tschechische Hauptstadt nötig haben, für sich und ihre Sehenswürdigkeiten zu werben?

Prag tut es – in Berlin mit einem geballten Kulturprogramm. Denn es gilt, zehn Jahre Städtepartnerschaft zu feiern. Höhepunkt wird ein Empfang im Berliner Rathaus sein, zu dem sich am 10. Juni der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und sein Prager Amtskollege Pavel Bem zu den Klängen des Prager Nostitz-Quartetts treffen werden. Am Tag zuvor diskutieren Wirtschaftsleute die „Chancen für die Kooperation“ beider Städte. Immerhin ist die Bundesrepublik der wichtigste Außenhandelspartner Tschechiens, und ein Drittel der Auslandsinvestitionen bestreiten deutsche Firmen. Am 11. Juni eröffnet im Neubau der gemeinsamen Bibliothek von Technischer Universität und Universität der Künste in der Fasanenstraße eine Ausstellung zum Werk des Architekten Emil Králicek, der Prag unter anderem die weltweit wohl einzige kubistische Straßenlaterne beschert hat. Und schon ab dem 1. Juni ist im Foyer der Komischen Oper eine Ausstellung zum Werk des Komponisten Leos Janácek zu sehen, der auf den Berliner Spielplänen aus Anlass seines 150. Geburtstages mehrfach vertreten ist, unter anderem mit „Aus einem Totenhaus“ an der Deutschen Oper.

Daneben gibt es etliche „dezentrale“ Veranstaltungen, natürlich auch im „Böhmischen Dorf“ in Neukölln, wo Nachfahren der 1737 übersiedelten „Böhmischen Brüder“ in achter Generation leben. Gefeiert wird unter anderem das zehnjährige Bestehen des Comenius-Gartens in der Richardstraße 35 am 11. Juni. Besonders einbezogen werden Schulklassen: Für sie finden am 12. und 13. Juni „Prag-Tage im FEZ“ an der Wuhlheide statt. Insgesamt ist das Programm, wie der für Kultur und Tourismus zuständige Vizebürgermeister Igor Nemec sagte, „naturwüchsig“ entstanden und wird vom Prager Magistrat lediglich koordiniert.

Um einen Vorgeschmack auf die Prager Präsenz an der Spree zu geben, lud die Tschechische Tourismusbehörde zur Besichtigung an die Moldau ein – im Grunde ein kontraproduktives Unterfangen. Denn was es in Prag zu sehen und zu erleben gibt, übersteigt den Umfang der Präsentation in Berlin bei weitem; so sehr, dass tatsächlich nur eine sofortige Reise dorthin angeraten werden kann – zum Beispiel zum 60. Musikfestival des Prager Frühlings (bis 4. Juni). Mit zehn Millionen Übernachtungen im Jahr, davon bemerkenswerte 90 Prozent Ausländer, schöpft Prag seine Kapazitäten aus. Der Tourismus ist seit vielen Jahren eine Wachstumsbranche. Enormen Schub brachten zuletzt die Billigflieger, die Prag als Ziel entdeckt haben – mit der Folge übrigens, dass britische Besucher die Deutschen als stärkste Gastnation vom ersten Platz verdrängt haben.

Für die kunstbegeisterten Prag-Besucher dürfte vor allem die zweite internationale Biennale zeitgenössischer Kunst von Belang sein, die unter dem Motto „Der zweite Blick“ vom 14. Juni bis zum 11. September im Messepalast stattfinden wird, einem Bau von 1928 und heute als moderne Abteilung der Nationalgalerie genutzt. Biennale-Kurator Tomas Vlcek, im Hauptberuf Kurator der modernen Kunst in der Nationalgalerie, wird darüber am 22. Juni im Neuen Berliner Kunstverein referieren. Und eine weitere Prag–Berliner Verbindung zeichnet sich ab: Die von der Stiftung für tschechische Architektur getragene Jaroslav-Fragner-Galerie, die besagte Ausstellung zum Kubismus-Baumeister Králicek erarbeitet hat, will mit der Berliner Architekturgalerie Aedes kooperieren.

Nach der Berliner Präsentation in Prag 2001 steht nun der Gegenbesuch an. Einen festen Rhythmus für den Austausch gibt es nicht. Gleichwohl – der Prager Magistrat bewertet die Beziehungen zu Berlin als „überdurchschnittlich“. Auch an der Moldau hat Berlin „wegen der verschwundenen Mauer“ Symbolcharakter.

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