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Das Wasser in Berlin ist zu teuer, bemängelt das Kartellamt.

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Update

Preis soll um ein Fünftel sinken: Wasserbetriebe wollen gegen Kartellamt klagen

Das Kartellamt schickte Berlins Versorger eine Abmahnung und fordert einen 19-prozentigen Nachlass. Fast nirgends ist Trinkwasser so teuer wie in Berlin. Doch die Wasserbetriebe haben nun wenig versöhnlich reagiert.

Die Berliner Wasserbetriebe wollen gegen das Bundeskartellamt klagen, falls es eine Preissenkung für Trinkwasser in der Hauptstadt verfügt. Das hat Vorstandschef Jörg Simon angekündigt. Die Verfügung wird für Anfang 2012 erwartet - nachdem die Wettbewerbshüter am Montag eine Abmahnung ausgesprochen haben. Ihrer Meinung nach zahlen die Berliner zu viel für ihr Trinkwasser. Das Bundeskartellamt hat die Berliner Wasserbetriebe (BWB) aufgefordert, in den kommenden drei Jahren den Kubikmeterpreis für Trinkwasser um 19 Prozent gegenüber dem Niveau von 2010 zu senken. Die in Bonn sitzende Aufsichtsbehörde mahnte das Unternehmen in einem 182-seitigen Schreiben wegen überhöhter Wasserpreise ab. Laut Wasserbetrieben will die Behörde, dass der Preis um 35 Cent pro Kubikmeter reduziert wird. Bei einem Verbrauch von 40 Kubikmetern pro Person würde ein Zwei-Personen-Haushalt 28 Euro im Jahr sparen.

Die Wasserbetriebe haben bis zum 11. Januar Zeit, auf die Abmahnung zu reagieren. Zudem haben die BWB bereits im Frühjahr eine Klage eingereicht, um zu klären, ob das Kartellrecht bei der Gestaltung der Wasserpreise überhaupt greift. Klar ist den Wasserbetrieben indes, dass die Berliner Öffentlichkeit Preisveränderungen erwartet: „Dafür müssen jedoch rechtliche Veränderungen herbeigeführt werden.“ Man gehe davon aus, dass mit der Bildung des neuen Senats die Gespräche zwischen den Gesellschaftern in Gang kommen. Am heutigen Dienstag will sich der Vorstand des Unternehmens äußern.

Das Kartellamt kam zu dem Schluss, dass die Erlöse der Berliner Wasserbetriebe, des größten Wasserversorgers in Deutschland, unter Berücksichtigung der Kosten für die Bereitstellung des Wassers „signifikant höher“ sind als bei Wasserversorgern in den Vergleichsstädten Hamburg, Köln und München. Laut den Wettbewerbshütern hat Berlin „keine höheren Aufwendungen“ als die anderen drei Städte. Für Andreas Mundt, den Präsidenten der Behörde, zeigt das Verfahren gegen das Unternehmen, wie wichtig die Kontrolle durch das Kartellamt ist: „Die Wasserversorgung ist eines der letzten großen Monopole in Deutschland.“ Der bisherige Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) hatte das Kartellamtsverfahren im März 2010 angestoßen, dabei war er qua Amt Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens.

Die Wasserpreise sind seit langem ein Aufreger in der Stadt. 1999 – unter dem damaligen CDU-SPD-Senat waren die Wasserbetriebe teilprivatisiert worden; das Land hält seitdem 50,1 Prozent; 49,9 Prozent liegen zu gleichen Teilen bei den Konzernen Veolia und RWE. Laut der Initiative „Wassertisch“ sind die Preise seit 2004 um mehr als 30 Prozent gestiegen. Die Linke habe immer kritisiert, dass durch die Teilprivatisierung der Wasserpreis erhöht wurde, „um den Privaten ihre zugesagten Renditen zu sichern“, sagte Ex-Senator Wolf gestern und mahnte erneut die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe an.

Sowohl der bisherige rot-rote Senat als auch die Industrie- und Handelskammer (IHK), Mieterverein oder der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) hatten stets auf eine Preissenkung gedrängt. SPD und CDU schrieben in ihrem jetzigen Koalitionsvertrag fest, „den tatsächlichen Einfluss des Landes Berlin auf das Unternehmen zu stärken, um dämpfend auf die Preise Einfluss zu nehmen“. Es ist damit zu rechnen, dass auch die neue Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz (parteilos, für die CDU) den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehmen wird. Gegenüber dem Tagesspiegel hatte sie gesagt, dass sie bei Aufsichtsratsmandaten in Unternehmen wie BWB, Messe oder der Stadtreinigung „in groben Linien“ ihrem Vorgänger folgen werde. Zu der Abmahnung wollte sie sich gestern nicht äußern, da müsse erst die Begründung abgewartet werden. Außerdem stehe die gerichtliche Entscheidung aus, ob das Kartellrecht überhaupt anwendbar ist. Vorbehaltlich dieser Klärung zeigte sich die IHK zufrieden mit der Kartellamtsentscheidung: „Die Preise müssen auf jeden Fall sinken.“

Sowohl der BBU als auch der „Wassertisch“ begrüßten die Kartellamtsentscheidung und forderten die die Wasserbetriebe auf, die Vorgaben der Kontrollbehörde jetzt schnell umzusetzen. „Wassertisch“-Sprecher Mathias Behnis sagte, dass es jetzt auch dringend eine Überprüfung der der Preise für das Ab- und Niederschlagswasser geben müsse. Der Kubikmeter Abwasser kostet den Verbraucher 2,83 Euro. „Dennoch gibt es keinen Grund zum Feiern“, sagte Behnis. Denn die in den Verträgen festgeschriebene Gewinngarantie habe weiterhin Gültigkeit; es sei zu befürchten, dass eine Preissenkung zu Lasten des Landeshaushaltes umgesetzt werde. Auch die Grünen fordern eine Prüfung des Abwasserpreises.

Laut einem Tarifvergleich des BBU ist Trinkwasser lediglich in Chemnitz und Halle teurer als in Berlin. (mit dpa)

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