zum Hauptinhalt

Berlin: Preissalat und Tickettricks

Verwirrung nach der BVG-Tarifänderung. Für etliche Nutzer wird es viel teurer / alte Premiumkarten gelten weiter

Für viele Fahrgäste werden Fahrten mit Bahnen und Bussen ab 1. April 2004 teurer. Doch mit einem kleinen Trick kann man wenigstens elf Monate lang noch zum alten Preis fahren. Wer spätestens bis März 2004 noch eine – alte – Premiumkarte für ein Jahr kauft, kann damit bis Ende Februar 2005 zu den alten Bedingungen weiterfahren. Auch die bereits gekauften Premiumkarten gelten bis zum Ablauf über den 1. April hinaus.

Nach Angaben des Verkehrsverbundes Berlin–Brandenburg (VBB) steigen die Preise durchschnittlich nur um 3,3 Prozent. Doch viele müssen erheblich mehr zahlen. Rund 80 Prozent der Fahrgäste sind mit Zeitkarten unterwegs. Und bei diesen Kunden steigt der Preis der Monatskarte fürs Stadtgebiet immerhin um 9,4 Prozent. Noch teurer kann es für Familien werden, die bisher mit einer Premiumkarte unterwegs waren, die nun entfällt. Damit gibt es keine Möglichkeit mehr, tagsüber ein Kind oder ein Rad mitzunehmen. Für das Kind im Alter von sechs bis 14 Jahren muss nun bei jeder Fahrt ein Ermäßigungsfahrschein gekauft werden – für jeweils 1,40 Euro im Stadtgebiet. Und weil beim Einzelfahrschein, der im Preis sinkt, in Zukunft nur noch Fahrten in eine Richtung zugelassen sind, muss nun für die Rückfahrt in jedem Fall erneut bezahlt werden. Hin- und Rückfahrt mit Kind kosten also in diesem Fall 2,80 Euro mehr. Da ist die Preissenkung für die Umweltkarte um 3,30 Euro gegenüber der bisherigen Premiumkarte schnell aufgebraucht. Wer nur fünfmal im Monat mit Kind unterwegs ist, muss damit 14 Euro berappen.

Viel teurer als es auf den ersten Blick wirkt, werden auch Fahrten von Schülern, die ihr Rad mit in die S-, U- oder Straßenbahn nehmen. Für die Radmitnahme muss nun ebenfalls extra gezahlt werden. Bisher war sie bei persönlichen Zeitkarten, zu denen die Schülertickets gehören, imPreis enthalten. So steigt der Preis der Schülerkarte zwar „nur“ um zwei Euro auf 26 Euro, also um 8,3 Prozent. Wer aber in Zukunft auch noch für 5 Euro eine zusätzliche Monatsmarke fürs Rad kaufen muss, ist dann mit 31 Euro dabei – eine Steigerung um fast 30 Prozent. Da ist es ein schwacher Trost, dass Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) durchgesetzt hat, den Preis für die Geschwisterkarte nicht zu erhöhen. Sie ist weiter für 16 Euro zu haben; geplant war ein Euro mehr.

Ganz weit vom angeblichen Durchschnitt weg sind Sozialhilfeempfänger, die bisher für 20,40 Euro im Monat fahren können. Diese Karte fällt Anfang Januar weg, weil der Senat die bisher dafür gezahlten Zuschüsse in Höhe von 17 Millionen Euro gestrichen hat. Wer nun im Januar eine Monatsmarke kaufen will, muss dafür 58,50 Euro zahlen; satte 186,8 Prozent mehr als heute.

Diese beschlossenen Fahrpreiserhöhungen seien unverschämt, sagte die Verkehrsexpertin der PDS, Jutta Matuschek. Sie lägen weit über dem, was der zwischen Senat und BVG abgeschlossene Unternehmensvertrag gestatte. Demnach soll die BVG ihre Einnahmen um jährlich drei Prozent steigern – durch höhere Tarife, aber auch durch mehr Fahrgäste. Der Fahrgastverband IGEB befürchtet nun aber, dass die Preissteigerungen dazu führen werden, dass weniger Fahrgäste mit Bahnen und Bussen fahren werden.

Dabei haben die Verkehrsbetriebe die nächste Erhöhung schon im Blick. Die Preise sollen wieder regelmäßig jedes Jahr erhöht werden.

Zur Startseite