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Berlin: Preisverdächtig: 400 000 Fahrten um die Welt gespart

Die Klimaberatung von Johannes Hengstenberg hat gute Chancen, heute ausgezeichnet zu werden

Johannes Hengstenberg könnte sich auf der rechten Straßenseite befinden oder auf der linken, in diesem Haus oder im nächsten oder noch eins weiter. Überall in der Schöneberger Hochkirchstraße hängen „CO2“-Logos in den Fenstern. Wobei das C durchgestrichen ist, so dass O2 übrig bleibt. Klimakiller wird Sauerstoff. Wenn das Leben nur so einfach wäre.

„Manche halten uns für eine Sekte“, sagt Hengstenberg, als er schließlich gefunden ist – in einem schlichten Büro mit Platz für sein Fahrrad. Er mietet ein Büro nach dem anderen, weil seine gemeinnützige Firma „co2online“ samt angeschlossenem Ingenieurbüro auf mittlerweile 40 Mitarbeiter gewachsen ist. Sie ist für den von zwei Dutzend Unternehmen – von Daimler bis Sarah Wiener – gesponsorten „Clean Tech Media Award“ nominiert, der heute in der Brandenburger Landesvertretung vergeben wird. Die Spezialität von Hengstenbergs Firma ist, Klimaschutz auch im wahren Leben möglichst unkompliziert zu machen. Rund drei Millionen Tonnen CO2-Ausstoß hat sie in den vergangenen vier Jahren vermieden, wie externe Auswertungen ergeben haben. Das entspricht etwa 400 000 Weltumrundungen mit dem Auto, die dem Klima erspart geblieben sind. Und teilweise auch dem Geldbeutel der Leute.

Mit dieser Bilanz dürfte Hengstenberg einer der erfolgreichsten Klimaschützer überhaupt sein. Sein Geschäftsmodell beruht auf maximaler Verbreitung seiner Energiesparratgeber über fremde Onlineseiten: Mieterbund, Immoscout, Stadtwerke, ZDF, Bausparkassen, Politiker – überall ist er verlinkt. „Vietcong-Strategie“ nennt der 64-Jährige diese Unterwanderung. Mit 700 Partnern realisiert er rund 10 000 abgeschlossene Beratungen pro Woche – vom Heizkostencheck über den Vergleich von Hausgeräten bis zum Ökostromrechner. Maßstab für die Beratungsformulare ist zum einen, dass die Infos stimmen, und zum anderen, dass ein normaler Mensch sie versteht. Für das eine sorgen Ingenieure und Institute, für das andere Kommunikationsexperten. Der studierte Politologe und Volkswirtschaftler Hengstenberg ist selbst einer. Sein Akquiseprinzip erklärt er so: „Schönen Gruß vom lieben Gott, ihr müsst jetzt auch was fürs Klima tun!“ Und das zwar erkannte, aber keineswegs behobene Defizit beim Thema Energieeffizienz: „Als ein Installateur vor 30 Jahren gelernt hat, gab es das Wort Klimaschutz noch nicht. Und jetzt wird von ihm erwartet, dass er den Anstieg des Meeresspiegels begrenzt.“ Hier kommt Hengstenberg ins Spiel.

Da er selbst nichts verkaufen muss, schwatzt er auch niemandem ein neues Dach auf, wenn es schon ein funkgesteuertes Heizungsventil für 60 Euro aus dem Baumarkt tut. Mit so einem Kästchen hat Hengstenberg seinen Heizbedarf fast halbiert, wie ihm ein Blick auf sein persönliches Online-Energiesparkonto anzeigt. Nur kennt kaum jemand diese Regler. „Wir arbeiten in einem total rückständigen Gebiet“, sagt Hengstenberg. „Als Einäugige unter den Blinden.“ Drei Viertel ihres Etats von rund zwei Millionen Euro pro Jahr bekomme die Firma vom Bundesumweltministerium, sagt er. „Das ist keine Rente; wir müssen uns das jedes Jahr neu erkämpfen.“ Auch deshalb hofft er, dass er heute den Preis gewinnt.

Das Beratungsportal im Internet: www.co2online.de

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