zum Hauptinhalt

Elektrobeats gegen Gebühren: 5.000 Menschen demonstrieren gegen Gema-Tarifreform

Die Gema bekommt was zu hören: Clubbesitzer machen ihrem Unmut über neue Tarife Luft. Einige tausend Demonstranten protestieren am Montagabend an der Kulturbrauerei.

Elektrobässe wabern durch die Schönhauser Allee. Überall sind Schilder und Plakate mit Texten wie: „Clubsterben ist auch Verdrängung“, „Ge(h)ma nach Hause“ und „Berlin ist ohne seine Clubszene nicht mehr das, was es ist“ zu sehen. Rocker und Anzugträger, Studenten und Azubis, alte und junge, große und kleine Gegner des neuen Tarifsystems der Gema versammeln sich bei der Kundgebung der Berliner Initiative „Fairplay – Gemeinsam gegen GEMAinheiten“ am Montagabend auf der Höhe der Kulturbrauerei. Und tanzen zu lauten Elektrobeats für ihre Forderung: „Abschaffung der Tarifreform 2013“.

„Die bei Facebook angekündigten 6000 Demonstranten haben wir vielleicht nicht zusammen bekommen“, schreit Lotar Küpper, Anmelder der Kundgebung ins Mikro, „aber die, die hier sind machen Stimmung!“ Den Ort, an dem die Kundgebung stattfindet, haben die Veranstalter mit Bedacht gewählt. Dort findet zeitgleich im „Frannz Club“ in der Kulturbrauerei das jährliche Mitgliederfest der Gema statt. Und um genau dorthin zu gelangen, muss sich der blaue Bus der Gema-Mitglieder durch den Demonstrationszug quälen. „Bitte begrüßt die Mitglieder hier bei uns in Berlin mit einem herzlichen Applaus“, ruft der Berliner, DJ Motte. Die Menge jubelt und applaudiert. „Berlin ist bunt, Berlin ist kreativ, Berlin ist friedlich und wir alle sind zum Gespräch mit der Gema bereit.“ Außerdem begleiten Rufe mit dem Slogan „Die Tarifreform muss weg“ die Einfahrt des Busses.

Vor den Wagen der Berliner Clubs, wie dem „SchwuZ“, dem „SO36“ und der „Möbelfabrik“ sammeln sich die Demonstranten, tanzen zur schrillen Elektromusik und und applaudieren kräftig für die Vertreter der politischen Parteien, die sich alle gemeinsam gegen das Tarifsystem der Gema auflehnen.

Der Streit Gema vs. Youtube:

Neben Bruno Kramm von der Piratenpartei stehen auch Katrin Schmidberger von Bündnis 90 / Die Grünen und Klaus Lederer, Sprecher der Linksfraktion für Recht und Verbraucherschutz, auf der Bühne. „Das große Clubsterben kommt mit der Tarifreform und auch die einzigartige Berliner Kultur wird damit aussterben“, ruft Bruno Kramm in die Menge und erntet damit viel Zuspruch bei den Demonstranten. „Clubs wie das Berghain müssen nach der Reform nicht mehr 30 000 Euro, sondern 300 000 Euro jährlich zahlen– dann können die Clubs ja auch gleich zumachen“, sagt Schmidberger. Olaf Müller, Vorsitzender der Clubcommission Berlin, macht noch einmal deutlich, was die Clubszene durch das Tarifsystem erwartet: „Die Clubs müssen ungerechtfertigte Preise bezahlen. Sie haben das Geld nicht – das bedeutet den wirtschaftlichen und kulturellen Ruin.“

Wie der Tagesspiegel bereits mehrfach berichtete, hat die Gema angekündigt, ab Januar 2013 ihre Tarifstruktur zu ändern. Nach der Reform sollen nur noch zwei, und nicht mehr elf Gebührentarife gelten. Für die Berechnung der Abgaben an die Gema seien dann nur noch die Größe der Veranstaltung, sowie die Höhe des Eintrittspreises relevant. Die Clubszene befürchtet dadurch eine Erhöhung der Abgaben zwischen 400 und 500 Prozent, in manchen Fällen sogar bis zu 1200 Prozent. Die Clubbesitzer sehen sich dadurch in ihrer Existenz bedroht.

Besonders stolz sind alle Redner darauf, dass sich alle politischen Parteien hinter die Clubveranstalter stellen: „Parteiübergreifend wird unser Vorhaben unterstützt. Da muss man der Gema auch mal gratulieren, dass sie das geschafft haben“, sagt Olaf Müller unter dem Gejohle der Tarifreform-Gegner.

Bereits am Nachmittag, vor der Demonstration, widersprach der Gema-Bezirksdirektor Lorenz Schmid bei einer Pressekonferenz im Maritim-Hotel allerdings dem Vorwurf, dass die neuen Tarife zur Musik-Nutzung ein „Diskothekensterben“ hervorrufen würden. „Zehn Prozent von den Eintrittsgeldern sind ein angemessener Satz für die Urheber.“ Ein Schiedsstellenverfahren beim Deutschen Patent- und Markenamt soll die neuen Tarife nun überprüfen. Die Entscheidung müsse allerdings erst innerhalb eines Jahres getroffen werden, so dass sich der Streit zwischen Clubszene und Gema noch hinziehen kann.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false