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Berlin: Prenzlauer Berg: Stück um Stück kehrt der Stuck zurück

Frische Farben statt Grau in Grau. Noch vor wenigen Jahren bestimmten bröckelnde Fassaden das Straßenbild Prenzlauer Bergs - so wie in den andern Ost-Bezirken.

Frische Farben statt Grau in Grau. Noch vor wenigen Jahren bestimmten bröckelnde Fassaden das Straßenbild Prenzlauer Bergs - so wie in den andern Ost-Bezirken. Auch wenn sich viel zum Positiven gewendet hat, so erinnern die meisten Häuserzeilen heute an Flickenteppiche. Neu und Alt halten sich die Waage. In die Erdgeschosse sind indes Geschäfte und Kneipen eingezogen. Ganze Stadtviertel blühen auf.

Wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hat das 1992 vom Senat beschlossene erste Gesamtberliner Stadterneuerungsprogramm. Seither wurden 22 neue Sanierungsgebiete ausgewiesen. Fünf Gebiete mit etwa 32 000 Wohnungen liegen in Prenzlauer Berg. Etwa 80 Prozent galten als sanierungsbedürftig: Die meisten hatten keine Zentralheizung, rund 40 Prozent kein Bad.

Mittlerweile sieht das anders aus: Etwa die Hälfte der maroden Wohnungen wurden mit öffentlichen Zuschüssen und privatem Geld saniert. Etwa 2,3 Milliarden Mark sind investiert worden. "Eine besondere Bilanz", sagte dazu gestern Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD). Der Bezirk "hat seinen Charme zurückgewonnen".

In der Kulturbrauerei eröffnete Strieder gestern die Ausstellung "Halbzeit", eine Zwischenbetrachtung nach zehn Jahren behutsamer Stadterneuerung in Prenzlauer Berg. Auf Hunderten von Fotos, Texten und Plänen legt der Ausstellungsmacher S.T.E.R.N, die Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung, und zugleich der Sanierungsbeauftragte, dar, wie ein Bezirk auf Vordermann gebracht wird. Fotos von Dutzenden sanierten Häusern sind wie Wimpel an einer Wand befestigt. Die Gebiete Helmholtzplatz, Kollwitzplatz, Teutoburger Platz, Wins- und Bötzowstraße werden vorgestellt. Es geht um die Entwicklung sozialer Einrichtungen. Porträts von Bewohnern sind zu sehen. Auf Aspekte wie Denkmalschutz, Ökologie oder Spuren jüdischen Lebens wird eingegangen.

"Weniger rosig", sieht Matthias Bernt von der Betroffenenvertretung Helmholtzplatz die Zehn-Jahres-Bilanz. Der Kiez sei zwar vielfach modernisiert, aber auf der anderen Seite seien vor allem aus Häusern, die mit Privatgeld hergerichtet wurden, Eingesessene "verdrängt worden".

Bernt erklärt das mit den für Sanierungsgebiete geltenden Regeln. Während dort, wo ein hoher Anteil öffentlichen Geldes verbaut wird, strenge Mieterschutzauflagen herrschen, haben es Private leichter - Investitionen sollen sich rentieren. Bernt fordert fünf Jahre währende Mietobergrenzen für privat sanierte Häuser. Einen entsprechenden Bezirksbeschluss erkenne der Senat nicht an.

Wie viele Bewohner tatsächlich wegen steigender Mieten verdrängt worden sind, "ist unheimlich schwer festzustellen", sagt hingegen Theo Winters von S.T.E.R.N. Für ihn stehe fest: Eine Entwicklung wie in New York, wo die Bewohner ehemals armer Viertel von Yuppies vertrieben wurden, gebe es in Berlin so nicht.

Strieder sagte, trotz der anhaltenden Haushaltskrise sei es nicht zu verantworten, "Sanierungsgebiete einzustellen". Der neue Senat werde in diesem Punkt an alten Prinzipien festhalten. Allerdings werde man angesichts 100 000 leer stehender Wohnungen "das Tempo nicht mehr halten können". Und auch der Anteil von privaten Investitionen müsse steigen.

Tobias Arbinger

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