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Berlin: Preußen-Jahr: "Ohne Glanz kein Gloria"

Will ein Junge Soldat werden, braucht er ein Gewehr, trällert das Mädel auf der Bühne. Ihr Kleid ist schön, es stammt aus dem Fundus einer Oper; oder hat es die Mutter von Regisseur Christian Zacker genäht?

Will ein Junge Soldat werden, braucht er ein Gewehr, trällert das Mädel auf der Bühne. Ihr Kleid ist schön, es stammt aus dem Fundus einer Oper; oder hat es die Mutter von Regisseur Christian Zacker genäht? Ihr Lied ist nicht so schön, handelt von Soldaten, Pickelhauben und Witwenschleiern. Dann kommt, tschingderassabumm, die Hauptmann-von-Köpenick-Brass-Band mit Piccolo-Flöte, Pauke und Posaune auf die Bühne gepoltert. Und soll dann doch wieder runter: Rückzug, marsch, marsch, nochmal bitte. Schließlich wird noch geprobt im Otto-Braun-Saal der Staatsbibliothek.

Bis heute Abend sollen alle falschen Einsätze ausgemerzt sein, denn dann ist hier Premiere: Und zwar von einer "preußischen Revue in fünf Bildern" mit Namen "Ohne Glanz kein Gloria". Das Ausmerzen ist kompliziert, denn im Stück geht es durcheinander und in schneller Abfolge: Ballett, Rezitation und Gesang. Alles Liedgut ist original - Gassenhauer aus fast 300 Jahren Preußen. Denn der preußische Staat wurde 1947 per Kontrollratsbeschluss aufgelöst.

Beim Reinhorchen in die Probe könnte man meinen, die preußischen Untugenden Befehl, Gehorsam und Verherrlichung des Militärs werden unkritisch dargestellt. Zumal da, wo jetzt im Hintergrund noch die rohe Holztäfelung zu sehen ist, am Abend eine monumentale schwarz-rot-goldene Flagge gehisst wird. Aber nein, die Idee sei eine ganz andere, erklärt Wolf Kühnelt, der künstlerische Leiter vom Festival Schauplatz Museum, unter dessen Regie auch dieser Teil der Preußen-Jahr-Feierlichkeiten entsteht. "Durch die Eins-zu-Eins-Darstellung sind die Texte entlarvender, als wenn wir sie mit erhobenem Zeigefinger kommentierten." Immerhin geben sich die Schauspieler alle Mühe, ihre Texte zu persiflieren: So eilt die Sängerin Marion Reck gerade mit einem sehr unpreußischen Plastikflugzeug unterm Arm auf die Bühne. Später duelliert man sich mit Federmop. Nur die Tänzer Mariet Aliev und Kristian Ratevossian von der Jutta-Deutschland-Ballett-Compagnie arbeiten allein mit dem Körper. Außer Atem und russisch palavernd ziehen sie sich nach dem Auftritt hinter der Bühne um und entblößen unverschämt die Sportler-Körper. Das wird das Publikum leider nicht zu Gesicht kriegen.

rcf

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