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Hier entsteht das Schloss - 590 Millionen soll es kosten.

© dpa

Pro: Können wir uns das leisten?

A 100, Schloss und Landesbibliothek. Berlin kann viel – vor allem Geld ausgeben. Helmut Schmidt hat das kritisiert. Oder ist es umgekehrt? Vergisst der Rest des Landes nur zu gern seine Verpflichtungen gegenüber der Hauptstadt? Ein Pro & Contra zur aktuellen Debatte.

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Pro

Einigungsvertrag, Umzugsbeschluss und Hauptstadtklausel im Grundgesetz – alles vergessen? Es ist, verflixt nochmal, die Pflicht des Bundes, den Gesamtstaat in Berlin, dem Sitz fast aller deutschen Verfassungsorgane, angemessen zu repräsentieren. Dazu gehört nicht an erster, aber gewiss auch nicht an letzter Stelle der Wiederaufbau des Stadtschlosses als Ort des Dialogs zwischen den Weltkulturen und der Wissenschaft.

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„Fragen Sie doch mal die Menschen in Gelsenkirchen oder in Magdeburg, was denen daran liegt“, sagte Helmut Schmidt. Wir müssen sie nicht fragen. Wenn der Neubau mit der historischen Fassade fertig ist, werden die Gelsenkirchener und Magdeburger zu den Ersten gehören, die nach Berlin reisen, um gemeinsam mit den Gästen aus New York, Kopenhagen oder Madrid die neue Mitte Berlins an einem schönen Wochenende zu genießen. Das „Bundesschloss“, wie der Altkanzler höhnte. Damit hat er zu kurz gegriffen. Wenn das Humboldt-Forum so funktioniert, wie es seine Gründer hoffen, wird es nicht nur nationale, sondern europäische Identität stiften. Der deutschen Hauptstadt könnte nichts Besseres passieren.

Der Preis dafür ist hoch. Mindestens 590 Millionen Euro. Das wäre zu viel, geradezu eine Unverschämtheit, wenn es darum ginge, mit diesem Geld ein touristisches Sahnehäubchen für das angeblich nimmersatte Berlin zu spendieren. Aber es war anders, bemühen wir unser Gedächtnis, das gern und schnell vergisst. Im Jahr 2000 setzten sich Bundesregierung und Berliner Senat gemeinsam das Ziel, die weitgehend zerstörte alte Mitte der Hauptstadt neu zu gestalten, um der „historischen Bedeutung des Ortes gerecht“ zu werden und ein „vielfältiges Angebot für gesellschaftliche und kulturelle Begegnungen zu schaffen“. Das Zentrum Berlins als nationale Aufgabe.

Doch leider gibt es jene, denen die ganze Richtung nicht passt. Sie schlagen die Schlachten vergangener Zeiten und ertragen es kaum, dass die Hauptstadt nach schlimmen Jahrzehnten des Niedergangs wieder prosperiert. Ihr Vorwurf: Berlin ist nicht bescheiden genug! Ihr lasst euch von anderen aushalten! Ja, das ist wahr. Schon Preußen und das Deutsche Reich haben kräftig zugebuttert. Ohne dies gäbe es heute keine Museumsinsel und keine Humboldt-Universität. Ohne gesamtstaatliche Hilfen hätten die Staatsoper, das Deutsche Theater und die Charité wahrscheinlich schon vor mehr als hundert Jahren dichtgemacht.

Wäre es so gekommen, hätten vielleicht ein paar Krämerseelen in der deutschen Provinz ihren Frieden gefunden. In Hamburg, Dresden oder München saßen ja schon die Neider, als sich das mittelalterliche Berlin vom tristen Flecken im märkischen Sand zur aufblühenden Residenzstadt mauserte. Die Vorurteile gegenüber Berlin scheinen sich von Generation zu Generation zu vererben. Auch heute muss sich die Stadt nicht nur für Pleiten und Pannen rechtfertigen, sondern auch für jene Investitionen, die ihrem Fortkommen dienen.

Zum Beispiel die neue Landesbibliothek am Rand des Tempelhofer Feldes. Das wird kein Lagerraum für alte Bücher, sondern ein Bildungsangebot für alle Altersklassen und Bildungsschichten, ein Ort der Kommunikation, des Lernens und der Begegnung. Sie wird Spaß machen, die neue Metropolenbibliothek. Sie wird ein begeistertes Publikum finden und könnte der institutionelle Anker für ein neues Bildungsquartier werden.

Amsterdam, Singapur und Seattle dürfen so etwas haben, aber nicht Berlin? Die Kritiker haben nur in einem recht: Der Neubau wird teuer, mindestens 270 Millionen Euro. Aber diese Investition wird sich auszahlen, weil die neue internationale Währung auch in Berlin „Wissen“ heißt. Seit Mitte der neunziger Jahre hat die Hauptstadt hart und erfolgreich gespart. Aber nicht, um den Bayern zu gefallen, sondern um sich für die Zukunft besser aufstellen zu können. (Ulrich Zawatka-Gerlach)

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