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Alexanderplatz

© Heerde

Pro & Contra: Die große Party soll bald zu Ende sein

Der Bezirk Mitte will das Trinken am Alexanderplatz verbieten. Eine entsprechende Parkordnung soll noch bis Weihnachten erlassen werden. Der Platz ist Treffpunkt diverser Jugendszenen – von Emos, Gothics oder Punks.

Es ist eine Art Stehparty, auf der die Musik fehlt. Obwohl eisiger Wind weht, sind am Freitagabend zwischen 150 und 200 Jugendliche auf den Platz zwischen Fernsehturm und Neptunbrunnen am Alex gekommen. Hier treffen sich Gruppen von Jugendlichen – sentimentale Emos, düstere Gothics und Punks mit vielen Hunden, es ist ein großes Sehen und Gesehenwerden – mit pubertärem Kichern, mit Reden, und mit ziemlich viel Alkohol.

Trinken soll hier noch dieses Jahr verboten werden, hatte Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) am Dienstag angekündigt. Bis Weihnachten will das Bezirksamt eine neue Parkordnung mit einem entsprechenden Passus für den etwa 53 000 Quadratmeter großen Platz erlassen. „Das massive Trinken an diesem Ort ist weder Anwohnern noch Touristen weiter zuzumuten“, so Gothe. Mit den Eigentümern des Fernsehturms und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sei der Bezirk außerdem im Gespräch mit dem Ziel, bis zum Sommer die marode Beleuchtungsanlage zu erneuern und die Freiflächen neu zu gestalten. Dass Jugendliche, die Alkohol konsumieren, so an einen anderen Ort verdrängt werden könnten, dessen sei er sich bewusst.

Die Pläne des Bezirks haben sich bei den Jugendlichen schon herumgesprochen. „Die machen ja jetzt schon Stress“, sagt Nils, der gerade 18 geworden ist. Er nickt mit seiner schwarz-weiß karierten Schirmmütze lässig in Richtung eines Polizeiwagens. Der steht mitten auf dem Platz und versucht, mit einem Scheinwerfer Licht ins Dunkel des Freitagstreffs zu bringen. Nils, der seit etwa eineinhalb Jahren jede Woche herkommt, zuckt mit den Schultern. „Wenn die den Alkohol hier verbieten, dann trinkt man eben vorher oder woanders“.

Einer von denen, die für Nils Stress bedeuten, ist Dienstgruppenleiter Michael Bahr. Er ist mit Einsatzwagen und 25 Beamten an Ort und Stelle und dreht mit einer Taschenlampe seine Runden. Hin und wieder leuchtet er in eins der Grüppchen, die sich wie eine amorphe Masse von einem Ende des Platzes zum anderen bewegen. Wenn sich in den Rucksäcken der Jugendlichen harter Alkohol findet oder er eine Gefahr drohen sieht, kann er einen Platzverweis aussprechen.

Das sei hier ganz bewusst ein Ort für junge Leute, sagt der 51-jährige Hauptkommissar, der selbst eine minderjährige Tochter hat. Man wolle die Jugendlichen nicht vertreiben, nur der Alkoholkonsum müsse eingeschränkt werden. In Spitzenzeiten betreue er hier bis zu 450 junge Menschen: „Wenn die weniger trinken, begehen sie weniger Straftaten und laufen auch weniger Gefahr, Opfer zu werden.“ An der Marienkirche stinkt es mittlerweile nach Urin. Flaschen kullern klirrend über den Boden, Glas splittert. Darüber ärgert sich nicht nur Michael Bahr. Zwei Punks machen ihrem Ärger lautstark Luft, weil ihre Hunde in die Scherben treten könnten. Nils beteuert – nach drei Bier und fünf Schnäpsen recht vehement – dass die meisten hier nur friedlich feiern und niemanden stören wollen.

Gäbe es eine Parkordnung, wäre es Sache des Ordnungsamts, Alkoholverbot und Abfallbeseitigung durchzusetzen. In einigen Bezirken, etwa CharlottenburgWilmersdorf und Spandau, gilt bereits ein Alkoholverbot auf Spielplätzen. In der Spandauer Altstadt wurde vor drei Jahren ein Alkoholverbot verhängt, scheiterte nach einigen Monaten aber an fehlenden Kontrollen. Das soll am Alex nicht passieren. Da das Ordnungsamt gerade 50 neue Leute einstelle, könne man auch mit mehr Personal zur Stelle sein, so Gothe.

Nils und seine Kumpels machen sich gegen 23 Uhr auf den Weg. Ringbahnparty, dort sei es wenigstens warm. Bahr und Kollegen harren bis nach ein Uhr aus. Die Bilanz der Nacht: 17 Platzverweise, sonst blieb es ruhig. Eine eher unspektakuläre Nacht – vor einigen Wochen hatten Bahr und seine Kollegen eine 17-Jährige mit über zwei Promille aufgefunden.

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