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Schulanfang

© ddp

Pro & Contra: Ein Fonds für Füller und Filzer

Die Einschulung überschreitet das Budget vieler Familien. Deshalb fordern Gewerkschaften staatliche Hilfe. Ein Pro & Contra.

Die Schultüte und ihr süßer Inhalt lassen sich noch bezahlen. Selbst das Budget einer bedürftigen Familie reicht dafür in der Regel aus. Doch bis der lange Zettel abgehakt ist mit allen Heften, dem ersten Ranzen, den Turnschuhen oder Schreibutensilien, die ein Kind zum Schulstart braucht, müssen die Eltern weitaus mehr Geld ausgeben. „Viele einkommensschwachen Familien, besonders Hartz-IV-Empfänger, sind damit finanziell überfordert“, erklären der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) übereinstimmend. Beide Gewerkschaften sowie Politiker von SPD und PDS fordern deshalb einen Schulfonds. Alle Unterrichtsmaterialien für Schulanfänger aus bedürftigen Familien sollen daraus mit Landesmitteln bezuschusst werden.

Bis zu 160 Euro kosten laut Gewerkschaft alle Dinge , die ein Erstklässler fürs erste Unterrichtsjahr benötigt. Dabei sind die Lehrbücher gar nicht berücksichtigt. In höheren Klassenstufen steigt diese Summe dann bis auf 200 bis 300 Euro in der Sekundarstufe II. Derzeit erhalten Hartz-IV-Empfänger und Wohngeldbezieher aber nur noch die Schulbücher vom Land gratis. Vor der Einführung des Arbeitslosengeldes II wurden hingegen im Rahmen der Sozialhilfe auch Zuschüsse für alle weiteren Unterrichtsmaterialien gezahlt. Doch in der „amtlichen Bedarfsaufstellung“ für den monatlichen Hartz-IV-Satz, den Arbeitslosengeldbezieher heute erhalten, sind dafür so gut wie keine Gelder mehr vorgesehen. Einzig für „Schreibwaren“ wurden 1,64 Euro eingesetzt. „Das reicht gerade mal für einen Radiergummi und einen Bleistift“, heißt es beim DGB. Die Bildungschancen vieler Kinder würden dadurch verringert. In Berlin lebt inzwischen jedes dritte Kind von Hartz IV.

Bei ihrem Ruf nach einem Schulfonds verweisen die Gewerkschafter auf andere deutsche Städte, in denen entsprechende Zuschüsse gezahlt werden – und zwar nicht nur zum Schulanfang, sondern sogar für alle weiteren Schuljahre. Das gelte für Oldenburg, Chemnitz, Göttingen, Osnabrück und München, die einkommensschwache Familien mit 25 bis 100 Euro unterstützen. Zuletzt fasste Potsdam vor einer Woche einen ähnlichen Beschluss: Vom kommenden Schuljahr an zahlt Brandenburgs Landeshauptstadt Erstklässlern aus Hartz-IV-Familien einen einmaligen Zuschuss von 25 Euro. Finanzielle Hilfen auch für höhere Klassenstufen lehnt die Stadt allerdings als „zu teuer“ ab.

In Berlin hält Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD) einen Schulfonds nicht für vordringlich. Wichtiger sei es, sich um einen dauerhaften Essenszuschuss für alle bedürftigen Kinder zu kümmern. Ein Konzept zur Finanzierung des Schulessens werde derzeit erarbeitet. Wer zusätzlich einen Schulfonds für Unterrichtsmaterialien fordere, müsse sich an die Bezirke wenden. Das Land sei gar nicht zuständig.

Die Bezirke sind aus Sicht der Schul- stadträte von Neukölln und Charlottenburg-Wilmersdorf, Wolfgang Schimmang und Reinhard Naumann (beide SPD), allerdings eine schlechte Adresse. „Wir haben dafür gar kein Geld“, sagen sie übereinstimmend, „es sei denn, das Land weist uns entsprechende Summen zu.“ Beide Stadträte halten nicht viel von der Fondsidee. Eine Menge zusätzlicher Bürokratie wäre nötig, um die Gelder gerecht zu verteilen und zu gewährleisten, dass sie zweckgebunden verwendet werden. Stattdessen sollte man die HartzIV-Sätze um einen Betrag für Schulmaterialien erhöhen, sagt Naumann. „Das wäre einfacher und letztlich billiger.“

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