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PRO & Contra: Soll die Lernmittelfreiheit wieder eingeführt werden?

Die SPD möchte die Lernmittelfreiheit wieder einführen. Eltern würden Geld sparen – zu Lasten des Landesetats. Ein Pro & Contra.

PRO:

Worin wollen alle, aber wirklich alle investieren? In Bildung! Ist ja auch logisch, ohne Bildung droht der Absturz: beruflich, ökonomisch und sozial. Besonders in Berlin. Viele sind gefährdet in unserer schönen Stadt. Weil sie im falschen Quartier wohnen. Weil die Eltern kein gutes Beispiel geben. Oder weil sie nicht genug Geld haben. Das sind nicht nur die ganz unten. Immer mehr hangeln sich von einem Minijob zum nächsten, sind alleinerziehend, sind arm. Sie brauchen Hilfe. Deshalb ist es richtig, dass auch ihnen ein kleiner, aber grundlegender Teil der Kosten für die Bildung kommender Generationen abgenommen wird: die Kosten der Schulbücher. Trotz der Finanzkrise? Wegen der Finanzkrise! Schon aus unserem eigenen Interesse, liebe Steuerzahler. Denn unsere Kinder sind die Beitragszahler von morgen. Wer an deren Ausbidlung spart, zahlt später doppelt – Sozialleistungen. Die Schweiz zeigt, dass es anders geht. Auch deshalb ist das Land wohlhabend. Druckfrische Bücher bekamen wir dort, von deren Deckel das Wappen „unseres“ Kantons prangte und über dessen Relief unsere Finger glitten. Einen blauen Füllfederhalter in einem schwarzen, mit rotem Samt ausgelegten Stahlkästchen gab es auch, dazu einen glänzenden Zirkel – und Ermahnungen des Schulleiters mit dem streng gescheitelten Haar: „Pass gut darauf auf!“ Es war ein Zauber, der uns verführte – zum Wunder der Bücher und der Bildung. Das gilt es zu teilen! Ralf Schönball

Contra:
Längst hatten sich Eltern damit abgefunden, dass sie Geld für die Schulbücher ihrer Kinder ausgeben müssen. Längst hatten die Eltern (jedenfalls die, die sich diese Ausgabe leisten können) eingesehen, dass sich das Land Berlin das jahrgangsweise Verschenken ganzer Schulbuchsortimente nicht leisten kann. Die sinnvolle Abschaffung der Lernmittelfreiheit soll nun zurückreformiert werden. Warum, das versteht kein Mensch. Haben die Eltern aus dem Mittelstand (um die geht es, die sparen nun zwischen 50 und 100 Euro im Jahr) um finanzielles Erbarmen gefleht? Jeder, der Kinder hat, weiß, das Kinder Geld kosten. Das Berliner Schulsystem ist, vorsichtig gesagt, so fragwürdig, dass Tausende von Eltern jedes Jahr nach Alternativen suchen und zig bis hunderte Euros im Monat für allerlei Mehrkosten ausgeben. Auch daran haben sich die, die die Ausbildung ihrer Kinder selbst bezahlen, längst gewöhnt. Es gibt eben eine Menge bürgerlicher Eltern mit den von Franz Müntefering und Angela Merkel gern angesprochenen breiten Schultern, auf die man noch ein paar Lasten laden kann. Diese Eltern leben damit, dass der Staat viel nimmt und immer weniger gibt. Nun gibt er den Gegenwert von anderthalb paar Kinderschuhen zurück. Familiengemäßer gesagt: Für rund 100 Euro geht man zweimal in den Zoo und ins Aquarium, plus Eis für die Kinder, für Papa oder Mamas Neuen eine schöne Tasse Kaffee und für Mama ein Bier. Dann prost, Herr Schulsenator. Werner van Bebber

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