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PRO & Contra: Soll es schärfere Bauvorschriften für zentrale Orte geben?

ProNeulich wieder am Alexanderplatz, tief in der Nacht. Da steigt man aus dem Taxi, muss sich erst einmal orientieren, sieht die blinkende Werbung, die sich in den Fenstern spiegelt.

Pro

Neulich wieder am Alexanderplatz, tief in der Nacht. Da steigt man aus dem Taxi, muss sich erst einmal orientieren, sieht die blinkende Werbung, die sich in den Fenstern spiegelt. Man stolpert an Baugruben vorbei, staunt über das Fassaden-Durcheinander und denkt sich: Yeah, nirgendwo ist die Stadt mehr Berlin als hier am Alexanderplatz. Chaotisch, kantig, schnell.

Ja, mag sein. Schön aber, da hat der Regierende Bürgermeister doch wirklich recht, ist der Alexanderplatz nicht. Er ist eine Katastrophe, hässlich, mal gedrungen, mal viel zu weit. Er ist mal lachhaft wie die Fassade der Alexa, mal öde wie dieser Neubau mittendrin, der keine Fenster hat, weil irgendwann an dieser Wand ein Hochhaus gebaut werden soll.

Nun ist es ja eigentlich so: Kein Architekt der Welt entwirft freiwillig hässliche Häuser, um damit zentrale Plätze zu verschandeln und die Menschen zu verärgern, schon klar. Aber es wäre doch mal ganz schön, wenn einer schlichtweg aufpasst, dass eben so zentrale Orte wie der Alexanderplatz nicht für immer und ewig zu einem bunten Durcheinander verkommen, bei dem hinterher keiner mehr so ganz genau weiß, wer das eigentlich alles genehmigt hat. Beim Gendarmenmarkt, Unter den Linden, am Pariser Platz – mal die langweilige US-Botschaft ausgenommen – hat es doch auch geklappt. Dort verweilen die Menschen. Und wer wirklich endlos lange Gebäude ohne Fenster entwerfen will, sollte sich bitte im Industriegebiet austoben. André Görke

Contra

Schon wieder neue Vorschriften, die die Regulierungswut in Paragrafen gießen? Bitte nicht. Damit werden nur Papier- und Personalaufwand größer. Architekten können ein Lied davon singen, wie ihre Gestaltungskünste eingeengt sind, wenn kleinherzige Satzungen Entwürfe bestimmen. Oder auch Neues verhindern, wie einen Baldachin am Eingang zum Hotel „Adlon“. Provinz! Dass am Gendarmenmarkt Glasfassaden und rosarote Farben ebenso tabu sind wie schreiende Reklametafeln oder Leuchtbuchstaben am Schauspielhaus, ist so klar, dass es keinerlei Satzung bedarf. Und die Beamten, die sich mit dem Maßband über Werbetäfelchen hermachen, könnten ihren Tag mit Vernünftigem verbringen. Hinter Schaufensterscheiben sollen „Windspiele, Fahnen und Schriften“ verboten sein? Wo leben wir denn! Haben unsere Baubürokraten mit der Eigenverantwortung von Architekten, Bauherren und Nutzern so schlechte Erfahrungen gemacht? Besser als neue Satzungen wären kluge Köpfe und wirklich echte Qualitätsmaßstäbe für die Stadt, schon vor dem ersten Spatenstich. Damit solch grobe Steinklötze, die demnächst den Alex und die Ecke Friedrichstraße/Unter den Linden verschandeln, nicht möglich sind. Ich warte noch immer auf einen spektakulären Neubau, der die Freunde moderner Architektur in Scharen nach Berlin zieht. Nur: Mit noch mehr Vorschriften erleben wir das sicher nie! Lothar Heinke

André Görke

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