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Berlin: PRO & Contra: Wickeln im Plenum

PROIm Parlament wird es manchmal ganz schön laut. Wenn Abgeordnete dazwischenrufen, einem Redner Beleidigungen entgegenbrüllen.

PRO

Im Parlament wird es manchmal ganz schön laut. Wenn Abgeordnete dazwischenrufen, einem Redner Beleidigungen entgegenbrüllen. Was die Parlamentsstenografen alles mitschreiben müssen, soll hier besser nicht im O-Ton wiedergegeben werden. Aber dass ein Baby vor Freude gluckst oder sich mal Aufmerksamkeit verschafft, wenn es Hunger hat, soll jetzt angeblich die politische Arbeit unmöglich machen? Da haben wir es wieder: Kinder, die Störenfriede der Gesellschaft. In Berlin musste sogar eine Kita zumachen, weil sich ein Nachbar über den Lärm beschwert hat. Kinderlärm wird nach deutschem Gesetz dem Lärm einer Kreissäge gleichgestellt. Andererseits will die Politik, dass die Geburtenrate steigt – damit jemand die Rentenbeiträge zahlt und die Gesellschaft nicht überaltert. Wie passt das alles zusammen? In vielen Firmen werden derzeit Spielzimmer oder Elternbüros eingerichtet – oder das Kleine kommt eben mal mit zum Dienst, wenn die Kita streikt. Und in diesen Zeiten soll Abgeordneten Kinderverbot während der Arbeit erteilt werden? Sollen nur noch kinderlose Singles das Volk vertreten, die kaum Ahnung haben vom Wohl und Wehe einer Familie? Mütter raus aus dem Rathaus? Klare Antwort: Nein! Lieber diejenigen des Saals verweisen, die jetzt so laut die Stimme erheben. Annette Kögel

CONTRA

Was haben Babys und andere Kleinkinder im Plenarsaal verloren? Nichts! Was soll das geradezu demonstrative Stillen im Abgeordnetenhaus? Die Säuglinge bringt der Aufenthalt mit Recht zum Brüllen, was der allgemeinen Konzentration nicht förderlich ist. Die Mütter, die gewählt wurden, um sich an dieser Stelle mit Politik zu beschäftigen, sind ohnehin abgelenkt. Wickeln und Windeln, aber auch das noch immer gern vorgeführte Stricken und Häkeln, gehören einfach nicht zur Arbeit, die das Volk von seinen Vertreterinnen und Vertretern im Plenum erwarten kann. Dass etliche Abgeordnete im Berliner Parlament keine gute Kinderstube kennen, kann nicht bedeuten, dass es auf diese Art allmählich zur Kinderstube ausgebaut wird. Es ist ja nicht so, dass es außerhalb des Plenums keine Räume gibt, in denen sich die Kleinen versorgen lassen, wenn sie nun unbedingt mit zur Arbeit gezerrt werden müssen. Es ist auch nicht so, dass die Damen und Herren der Wickelfraktion so schlecht ausgestattet sind, dass sie ihren Nachwuchs nicht auch sonst in Obhut geben könnten. Die Babys fühlten sich dort und gut betreut bestimmt wohler als in langen Sitzungen. Darum sollte es hier doch eigentlich gehen: ums Wohl des Kindes, nicht um öffentliche Aufmerksamkeit für seine Eltern. Christian van Lessen

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