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Anreise nach Stundenplan. Kinder, die keinen Platz auf einer weiterführenden Schule im Wohnbezirk erhalten haben, müssen sich auf lange Wege einstellen – wie die 35 Neuköllner Schüler, die demnächst nach Spandau pendeln sollen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Probleme bei der Platzvergabe: 80 Minuten Schulweg hin und zurück

Bis zu 300 künftige Siebtklässler erhalten keinen Platz in der Nähe ihre Wohnorts. Enttäuschte Eltern wollen dagegen vorgehen. Das war im vergangen Jahr ähnlich - da galt aber auch noch ein anderes Gesetz.

Für Lena Buchmann* ist der denkbar schlechteste Fall eingetreten: Die zwölf Jahre alte Schülerin aus Rudow weiß noch immer nicht, an welche Schule sie nach den Sommerferien gehen wird. Nach wochenlangem Bangen ist seit Mittwoch jedenfalls klar: Mit keiner der drei gewünschten Schulen hat es geklappt. „Wir sind wütend, enttäuscht und hilflos“, sagt ihre Mutter Doris Buchmann.

Eine Alternative wurde der Familie nicht vorgeschlagen. Und das Schlimmste: Damit könnte Lena zu den 35 Schülern aus Neukölln gehören, die nun an ein Gymnasium nach Spandau pendeln sollen. Mit der U-Bahn dauert die Fahrt 40 Minuten. Ob Lena dieser weite Weg tatsächlich zugemutet werden soll, wird die Familie wohl erst in den Osterferien erfahren. „Für meine Tochter ist das ganze Verfahren eine Qual“, sagt Doris Buchmann.

Lena ist eines von bis zu 300 Berliner Kindern, die als Verlierer des neuen Anmeldeverfahrens gelten können: Sie konnten nicht in ihren Wohnbezirken untergebracht werden. Und auch unter ihnen hatten einige noch besonderes Pech: Im Sekundarschulbereich, so die Bildungsverwaltung, konnte bis Donnerstag noch rund 40 Kindern keine konkrete, weil einigermaßen erreichbare Schule angeboten werden. Bei den Gymnasien werden rund 55 Kinder sehr weite Schulwege quer durch die Stadt haben – darunter vielleicht Lena Buchmann. Die Familie wird Widerspruch einlegen.

Von dieser Möglichkeit haben Familien auch in vergangenen Jahren Gebrauch gemacht. Sonst habe es wegen der Oberschulplätze vereinzelt bereits Mitte Mai und parallel zu den Widersprüchen Eilverfahren gegeben, sagt Stephan Groscurth, Sprecher des Verwaltungsgerichts. Der Großteil der Verfahren sei jedoch unmittelbar vor den Sommerferien eingegangen – 160 waren es im Bereich der Oberschulen 2010 insgesamt. „Von den Ausgängen dieser Fälle kann man keine Rückschlüsse auf die jetzigen ziehen“, sagt Groscurth: Wegen des geänderten Gesetzes ist nun die Rechtslage eine andere. Nur so viel sei sicher: „Wir sind auf eine zügige Erledigung der Verfahren vor Schuljahresbeginn vorbereitet.“

Auch Sabine Kollmann* hat sich einen Anwalt genommen. Die alleinerziehende Mutter von drei Kindern, von denen eines bereits auf das Heinz-Berggruen-Gymnasium in Westend geht, bekam eine Absage für ihren zwölf Jahre alten Sohn – obwohl sie einen Härtefallantrag gestellt hatte. „Die Kinder sollen sich unterstützen können, wenn ich nicht da bin“, sagt die berufstätige Frau. Nun sei ihr Sohn „zwangszugewiesen“ worden, ans Hildegard-Wegscheider-Gymnasium. Diese Schule hat nur leider nicht das gewünschte künstlerisch-musische Profil. Ihr Sohn spiele seit Jahren im Orchester, sie hätten sich bewusst für dieses Profil entschieden. Und der Schulweg zur Wunschschule hätte fünf Minuten gedauert – zur jetzigen wird es rund eine halbe Stunde werden. Ihre Bilanz der vergangenen Wochen? „Wir sind ziemlich erschöpft“, sagt Sabine Kollmann.

*Namen geändert

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