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Prognose für Kinderbetreuung und Kita-Ausbau: Berlin könnte nicht genug Kita-Plätze haben

Berlins Jugendsenatorin Scheeres denkt, dass die Kita-Plätze reichen. Sie gehe zumindest davon aus, sagt sie. Versprechen will sie das aber nicht. Und das hat gute Gründe.

Ferienstimmung fühlt sich anders an. „Es ist eine Katastrophe“, seufzt Pankows Bildungsstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD), wenn sie das neue Schuljahr plant: Da sich noch immer laufend Eltern melden, die ihr Kind von der Schulpflicht zurückstellen lassen wollen, gerät die ganze Planung für die ersten Klassen durcheinander. Nach Tagesspiegel-Informationen betrifft dies allein in Pankow mehr als 600 Kinder, die noch ein weiteres Jahr in ihren Kitas bleiben wollen. Das aber behindert nicht nur die Schulplanungen, sondern auch die Prognose für den Kita-Bedarf.

Um diese Prognose ging es am Donnerstag im Roten Rathaus. Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) bilanzierte den aktuellen Stand des Kita-Ausbaus, bevor ab 1. August der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz auch für die Ein- und Zweijährigen gilt. Scheeres’ wichtigste Botschaft lautete: „Ich gehe davon aus, dass die Plätze reichen.“ Nur versprechen wollte sie es nicht. Aus gutem Grund.

Denn noch weiß niemand, wie viele Eltern von ihrem neuen Rechtsanspruch Gebrauch machen werden. Sicher scheint nur, dass es zum 1. August eine satte Reserve von rund 12 000 Plätzen geben wird. Diese Reserve wird allerdings rasch zusammenschmelzen, weil jeden Monat wieder neue Kinder aufgenommen werden müssen, die ihr erstes Lebensjahr vollenden. Spannend wird es dann zum Frühjahr 2014, der Zeit, wenn in den Kitas erfahrungsgemäß die höchste Auslastung erreicht ist.

Allerdings werden ständig neue Plätze geschaffen. Zurzeit geht Scheeres davon aus, dass zu den vorhandenen 144 000 Kita-Plätzen bis Jahresende 2000 neue hinzukommen. Der Optimismus der Senatorin hat Gründe, denn in der Vergangenheit hat Berlin seine ambitionierten Ausbaupläne umsetzen können. Seit 2008 stieg die Zahl der Kita-Kinder um 23 000, wobei allein in den letzten beiden Jahren 10 000 hinzukamen. Scheeres konnte sogar verkünden, dass die Ziele übertroffen wurden: Statt der geplanten 3200 neuen Plätze, die es bis Ende 2013 geben sollte, waren es schon im ersten Quartal 4300.

„Wir sind gut aufgestellt“, betonte denn auch der Kita-Referent des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Martin Hoyer. Angesichts des „fortschrittlichen“ Finanzierungssystems in Berlin und der guten Unterstützung durch die Behörden gebe es in diesem Jahr trotz des neuen Rechtsanspruchs eine „weniger aufgeregte Situation“ als noch 2012. Allerdings bedeute das nicht, dass jeder seine „Wunschkita“ bekommen könne. Auch werde es nicht allen Familien gelingen, im unmittelbaren Wohnumfeld eine Kita zu bekommen. Zudem gebe es „eine angespannte Situation in der Innenstadt“, wo es kaum bezahlbare Räume für die Kita-Träger gebe.

Berlin fährt vielgleisig, um bloß nicht am Ziel des Rechtsanspruchs zu scheitern. Ein weiterer Baustein sind die vielen kleinen Kinderläden, die entstehen. Allein seit 2012 seien 90 neue Einrichtungen mit 2000 Plätzen hinzugekommen, rechnete Roland Kern vom Dachverband der Kinder- und Schülerläden (Daks) vor. Zudem haben einige Bezirke die Grenzen zum Speckgürtel dichtgemacht: „Wir nehmen keine Kinder aus Brandenburg auf“, berichtete Reinickendorfs Jugendstadtrat Andreas Höhne (SPD).

Denn nicht nur die Plätze sind knapp, sondern auch das Personal. Obwohl die Jugendverwaltung auf rund 800 Quereinsteiger setzt und die Ausbildungsplatzkapazitäten ausgebaut hat, fehlen absehbar „einige hundert Erzieher“, wie die Verwaltung zugibt. Deshalb setzt sie auch auf Fachkräfte aus dem Ausland, die in Berlin wohnen. Ihnen soll es künftig leichter gemacht werden, ihre ausländischen Abschlüsse in Berlin anerkannt zu bekommen, betonte Scheeres.

Irritationen gibt es unterdessen bei einer der angesehensten Erzieherfachschulen Berlins: Das Pestalozzi-Fröbel-Haus klagt über massive Unterfinanzierung, die die Erzieherausbildung gefährde. Scheeres sagte dazu am Donnerstag, sie werde sich den Fall „ansehen“. Noch sei der Haushalt ja nicht beschlossen.

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