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Promis über Hertha: „Herthas Entwicklung ist ein Desaster"

Ligafrust, Trainernot, Abstiegsangst: Von Klaus Wowereit bis Rolf Eden – viele Berliner sorgen sich sich um die Zukunft des Traditionsvereins Hertha BSC.

Ligafrust, Trainernot, Abstiegsangst – Berlin bangt mal wieder um sein liebstes Sorgenkind. Fünf Spiele hat Hertha BSC in Folge verloren und den Trainer entlassen. Da macht sich selbst die Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz (parteilos, für CDU) so ihre Gedanken: „Vom Erfolg von Hertha BSC profitiert die gesamte Stadt“, sagt sie. „Der Verein ist ein mittelständisches Unternehmen mit 200 Mitarbeitern, das den Berliner Fußball wieder erstklassig gemacht hat. Der Aufstieg in die erste Liga brachte 34 Millionen Euro zusätzlicher Kaufkraft in die Stadt. Neben zigtausenden Berlinern strömen zu jedem Hertha-Heimspiel auch 15.000 Anhänger aus Brandenburg in die Stadt.“ Jeder Fan stärke die Wirtschaftskraft der Stadt.

Manche Fans allerdings mögen gar nicht mehr hinschauen. „Es ist zum Verzweifeln, das Gekicke momentan kann man sich ja nicht mehr angucken“, sagt Wolfgang Thierse, langjähriger Hertha-Fan und Bundestagsvizepräsident. „Das verdirbt den Berlinern die Laune.“ Für Klaus Wowereit ist die Entwicklung beim Bundesligisten ein „Desaster“. Der Regierende Bürgermeister fordert: „Hertha muss alles unternehmen, damit mal wieder ein Sieg kommt.“ Und Frank Henkel (CDU), als Innensenator auch für den Sport zuständig und bei fast jedem Hertha-Heimspiel im Stadion dabei, sieht das Problem „in den Köpfen“ der Spieler, die Qualität der Mannschaft sei solide.

Rolf Eden, ehemaliger Nachtclubbesitzer, findet: „Im Moment schadet Hertha dem Image Berlins.“ Für Christoph Meyer, den Sprecher des Olympiastadions, ist Hertha das „Aushängeschild“ der Sportmetropole – und vor allem: der wichtigste Mieter. Denn Hertha überweist der landeseigenen Stadiongesellschaft jährlich einige Millionen Euro. An einen erneuten Abstieg will Markus Voigt, Präsident des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller, gar nicht denken: „Wir als Hauptstadt brauchen einen Klub in der ersten Bundesliga.“ Fernsehmoderator und Tagesspiegel-Kolumnist Marcel Reif findet drastische Worte: „Gerade jetzt, wo die Stadt langsam anfängt, den Klub anzunehmen, liefern die nur noch Irrsinn ab.“ Das sei zum Fremdschämen.

Herthas Vereinshistoriker Daniel Käufer sieht das ähnlich: „Hertha ist nicht wie Berlin. Zwar ist sie mindestens so arm, aber mit Sicherheit nicht sexy.“ Für ihn wäre der Abstieg neben dem Imageschaden vor allem ein wirtschaftliches Problem. Die Hertha sei auf dem Weg, ein finanzpolitisches Griechenland zu werden, sagt er. Nicht ganz so dramatisch sieht das Burkhard Kieker, Geschäftsführer der Tourismus-Werbegesellschaft Visit Berlin: „Die Stadt läuft so auf Hochtouren, dass wir uns beim Fußball ein Schwächeln erlauben dürfen.“ Bei der Deutschen Bahn, Trikotsponsor der Hertha, heißt es: „Wir haben auch in schwierigen Zeiten immer zu Hertha gestanden – das tun wir jetzt auch.“ Die Bahn hat allerdings vorgesorgt, falls es mit dem Klassenerhalt nicht klappt. Laut Vertrag kann der Konzern die Fortführung des Sponsorings dann „überprüfen“. Die Bahn unterstützt Hertha seit 2006.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Steffel, der vor zwei Jahren einen Rettungsplan für Hertha vorgelegt hatte, fordert: „Die Mannschaft muss sich zusammenreißen.“ Eberhard Diepgen, bis 2001 Regierender Bürgermeister, warnt davor, die Spieler weiter zu verunsichern. „Aufgeregtheit ist alles andere als eine psychologische Aufrüstung für die Mannschaft.“ Am gelassensten sieht der Filmemacher und Homosexuellen-Aktivist Rosa von Praunheim die Lage: „Mir ist das ziemlich egal“, sagt er. „Ich kenne kaum jemanden, der dort hingeht – außer ein paar Lesben vielleicht.“ (mod, lvt, brö, reng)

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