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Da die Zehlendorfer Hortkinder mit ihrem Hund Linda nicht mehr an den See dürfen, haben sie Tiere aus Holz und Pappmaché gebastelt.

© Nándor Hulverscheidt

Protest gegen Hundeverbot: Schulkinder stellen Holzdackel in Zehlendorf auf

Weil Begleithündin Linda bei See-Ausflügen in der Schule bleiben muss, nutzte die Parzival-Schule den Sommer für eine humorvolle Protestaktion.

Seit dem 15. Mai haben die Kinder der Parzival-Schule in Zehlendorf ein Problem: Wollen sie am Schlachtensee oder der Krummen Lanke spazieren gehen oder eine Unterrichtstunde machen, so muss Linda zurückbleiben. Linda ist ein Mischling aus Border Collie und Schnauzer, und das Ufer der Seen ist für sie wie für andere Hunde eine Verbotszone. Und weil ja bald wieder Schule ist, haben sich die Kinder, die den Sommerhort besuchen, am Freitag für Linda eingesetzt.

„Wir sehen das weniger als Demonstration, mehr als Kunstprojekt. Wichtig ist, dass die Kinder gemeinsam raus kommen“, sagt Sommerhort-Leiter Steven Mahnke, während der zwölfjährige Francesco einen Hund festbindet. Keinen echten natürlich, sondern einen von insgesamt vier überlebensgroßen Dackeln – drei aus Holz, einer aus Pappmaché. Vier Wochen lang haben die Kinder gebastelt und gesägt, um sie an der Krummen Lanke „auszusetzen“.

Die knapp 30 Hortkinder freuten sich sichtlich über den Ausflug und über ihr Werk. Sommerhort-Leiter Mahnke weiß aber, dass einigen von ihnen noch immer nicht klar ist, was eigentlich der Anlass für die Bastelei war. „Es war damals schon schwer den Kindern zu vermitteln, dass Linda jetzt nicht mehr dabei sein kann, wenn es ans Wasser geht“, erinnert sich der 33-Jährige. Kunstprojekt hin oder her, er lässt die Skulpturen von den Kindern ganz bewusst an den Holzpflöcken abstellen, die eigentlich auf das Hundeverbot hinweisen sollen.

„Das Verbot betrifft die Kinder direkt, weil Linda ein sehr wichtiger Ruhepol ist“, sagt Mahnke. Alle Kinder an der Parzival-Schule sind in irgendeiner Form beeinträchtigt, viele geistig, einige körperlich. Manche sind auch traumatisiert, etwa durch häusliche Gewalt, und leben in Pflegefamilien. Was für einen positiven Einfluss ein Vierbeiner da haben kann, ist schnell zu merken. Etwa, wenn sich die Kinder im Morgenkreis mit der Hündin kuscheln. Dass Linda überall mitkommt und sich die Kinder um sie kümmern, ist eigentlich die Regel. „Früher waren wir sehr oft mit ihr am Wasser“, erzählt der neunjährige Maurice. Gerade bei Kummer sei das Tier gut für die Kinder, sagt auch Betreuer Victor Rotta.

Trotz der Gründe, die für eine ständige Begleitung durch Linda sprechen, habe man aber bisher nicht das Gespräch mit dem Umweltamt gesucht, gibt Mahnke zu. „Es gibt schließlich mit Sicherheit auch andere Fälle, wo die Situation ähnlich ist“, glaubt Mahnke. Eine Ausnahme müsste höchstwahrscheinlich weitere nach sich ziehen. Allerdings hofft das Team von der Parzival-Schule, dass die Vierbeiner-Skulpturen nochmal Aufmerksamkeit auf das Problem lenken. Und natürlich wünscht man sich, dass die Hunde eine Weile in der Natur überstehen. „Aber wer weiß, vielleicht gefallen sie jemandem so gut, dass er einen von ihnen mitnimmt“, sagt Mahnke und lacht. Die Debatte anheizen möchte er offenkundig nicht. „Die Kinder werden auch weiterhin ihre Freude mit Linda haben“, ist Mahnke überzeugt.

Das einzige Problem an Linda ist, dass sie trotz der engen Bindung zu den Kindern im Grunde ein gewöhnlicher Hund ist: Eine Ausnahmeregelung wie für Blindenhunde wird es für das Tier wohl nicht geben. Bei der Aktion am Freitagmorgen war Linda übrigens dabei – das dürfte dann wohl unter die Kunstfreiheit fallen.

Nándor Hulverscheidt

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