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Symbol kontra Aids. Die rote Schleife ist das Zeichen der weltweiten Kampagnen gegen die lebensgefährliche Erkrankung.

© picture alliance / dpa

Protest gegen Schlagwörter in Polizei-Datenbank: HIV-infizierter Politiker Schatz: "Meine Würde ist antastbar"

Die Polizei vermerkt in einer Datenbank, wenn Straftäter HIV-positiv sind – zum Schutz ihrer Beamten. Der selbst infizierte Abgeordnete Carsten Schatz sprach sich dagegen nun mit einer emotionalen Rede aus.

Die Polizei weiß, wer HIV-positiv ist – aber nur bei Straftätern. Die Datenbank, in der die Polizei diese und viele andere Informationen sammelt, heißt kurz „Poliks“, die Langfassung kennt fast niemand: „Polizeiliches Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung“.

Dass in Poliks Daten zur Ansteckungsgefahr jetzt wieder gespeichert werden, gefällt nicht allen. Die drei Oppositionsparteien hatten im Oktober einen Antrag gestellt: „Stigmatisierung von Personen in polizeilichen Datenbanken beenden“. Eigentlich war die Erfassung mehrerer derartiger Merkmale 1988 in Berlin gestrichen worden, 2012 allerdings wurde sie bundesweit einheitlich wieder eingeführt. Das Parlament war darüber nicht informiert worden. Wie berichtet, hatte die große Koalition sich im Innenausschuss bereits gegen den Antrag ausgesprochen, am Donnerstag wurde dieser endgültig abgelehnt. SPD und CDU hatten argumentiert, dass derartige Informationen Polizisten schützen.

Der Abgeordnete der Linkspartei Carsten Schatz protestierte am Donnerstag im Plenum des Abgeordnetenhauses mit einer ebenso emotionalen wie persönlichen Rede gegen die Erfassung von Krankheiten durch die Polizei. „Meine Würde ist antastbar“, wandelte Schatz Artikel 1 des Grundgesetzes ab. Auf seinem T-Shirt hatte sich Schatz „Anst“ drucken lassen, dies ist das polizeiliche Datenbankkürzel. Carsten Schatz war bundesweit der erste Abgeordnete, der sich offen zu seiner HIV-Infektion bekannte. Er berichtete, dass er in England sogar als Chirurg operieren dürfte, trotz der Infektion. Schatz forderte die Politiker von SPD und CDU auf, zum heutigen Welt-Aidstag keine rote Schleife zu tragen, dies sei angesichts der Zustimmung zur Polizei-Datenbank heuchlerisch.

Polizisten für jeden Hinweis dankbar

Aus Sicht der Opposition sind HIV, Hepatitis und andere übertragbare Virusinfektionen nicht zu jedem Zeitpunkt im Krankheitsverlauf gleichbleibend ansteckend. Werden sie therapiert, sinke die „Übertragungswahrscheinlichkeit fast auf null“, hieß es im Antrag. Der Eintrag bei Poliks sei unabhängig von der tatsächlichen Ansteckungsgefahr.

Wie kommt „Anst“ nun in Poliks? Nur mit einem ärztlichen Attest oder einer eigenen Auskunft des Betroffenen. Als ansteckende Krankheiten gelten in Berlin Hepatitis B und C sowie HIV-Infektionen. Derzeit sind in Poliks nur 80 Menschen als geisteskrank und 129 mit Ansteckungsgefahr vermerkt. Dies stigmatisiere die Betroffenen nicht, da die Begriffe ausschließlich polizeiintern verwendet werden, hatte der SPD-Abgeordnete Frank Zimmermann im Oktober im Innenausschuss gesagt.

Neben der Ansteckungsgefahr hatte die Opposition auch den polizeiinternen Hinweis „geisteskrank“ abschaffen wollen. Damit stießen sie bei Innensenator Frank Henkel (CDU) und Polizeipräsident Klaus Kandt jedoch auf klare Ablehnung. Henkel hatte begründet, dass der „Schutz von Leben und Gesundheit der Polizisten“ Vorrang hätte. Bei geplanten Festnahmen oder Kontrollen erhalten Beamte im Polizeicomputer sogenannte „personengebundene Hinweise“. Dies sind etwa auch „gewalttätig“, „Rocker“, „Suizidgefahr“ oder „bewaffnet“. Diese Hinweise sind weitaus häufiger eingetragen, „Betäubungsmittelkonsument“ zum Beispiel 67.530 Mal, „bewaffnet“ 1535 Mal. Polizisten betonen, dass sie vor geplanten Festnahmen für jeden Hinweis dankbar seien.

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