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Protest: "Ohne Hertie stirbt unsere Straße"

Die Schließung droht, Insolvenz ist angemeldet, die Angestellten mussten sich bereits arbeitssuchend melden – das Kaufhaus Hertie in der Hauptstraße in Schöneberg steht vor dem Aus. Hinnehmen wollen die Beschäftigten die Lage nicht.

Am Dienstag schloss das Kaufhaus für eine Stunde: Mitarbeiter protestierten für den Erhalt. Die Polizei zählte 60 Menschen, die sich vor dem Eingang versammelten, um den Reden der Personalsprecher und Gewerkschaftler zuzuhören und zuzustimmen. Und nachdem die Polizei die Bauarbeiter in der Nähe um eine Unterbrechung bat – neben einem Presslufthammer protestiert es sich schlecht – klappte das auch.

„Hertie muss erhalten bleiben“ lautete die Parole, „Hoffnung, dass das Kaufhaus erhalten bleibt“, das trotzige Gefühl. Es gebe einen Investor, der Interesse geäußert habe, die Konditionen seien aber noch nicht klar, sagt Erika Retter von der Gewerkschaft Verdi. Die 53-jährige Fachbereichsleiterin für Handel sieht für die Filiale durchaus nicht schwarz: „Es gibt hier in der Straße doch kein vergleichbares Angebot an Warenvielfalt“, ruft sie.

Die umliegenden Geschäfte und Anwohner sehen die Entwicklung von Hertie mit Sorge. „Sonst gibt es hier doch keine Anziehungspunkte für die Leute“, sagt Luise Bittner, seit sieben Jahren Angestellte beim Friseur Cutman. Außer Woolworth vielleicht, doch auch dort droht die Insolvenz. „Die Straße ist tot, wenn Hertie schließt“, meint Kenan Cengiz, der seit sechs Jahren einen Dönerimbiss neben dem Kaufhaus führt. Er fürchtet um seine Kundschaft.

Im Hertie selbst ist nicht viel los, Kundin Ruth Möller streift durch Regalreihen. Die Schönebergerin kauft gern hier ein. „Doch das Sortiment ist langsam immer kleiner geworden, oft finde ich nicht, was ich suche.“ Sie bestellt dann lieber im Internet.

Leidtragende sind die Angestellten des Kaufhauses. „Es ist ein entwürdigendes Prozedere, der soziale Abstieg ist bei vielen abzusehen“, sagt Gewerkschaftsfrau Erika Retter. Auch Reinhard Rose war schon beim Jobcenter, Zukunft ungewiss. Er arbeitet seit 18 Jahren bei Hertie in Schöneberg, vorher war er 30 Jahre bei Wertheim in der Schloßstraße. Die Hoffnung hat er noch nicht aufgegeben. Ein Leerstand würde den Standort stark gefährden, insofern müsse doch gehandelt werden. Auch für Bezirksbürgermeister Ekkehard Band wäre die schlimmste Folge der Hertie-Insolvenz ein dauerhafter Leerstand. Er betont seine Solidarität und seinen Willen, Lösungen zu finden. Am Freitag ist ein nächster runder Tisch geplant. 

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