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Berlin: Proteste gegen geplantes Internat für Problemschüler

In Heiligensee soll ein Wohnprojekt eröffnen Doch Politiker fürchten um die Sicherheit im Bezirk

In Reinickendorf gibt es Proteste gegen ein Projekt zur Kinder- und Jugendhilfe: Auf dem Gelände des Diakoniezentrums Heiligensees will die diakonische EJF-Lazarus-Gesellschaft ein neuartiges Internat für verhaltensauffällige Kinder aus benachteiligten Berliner Familien errichten. Das Wohnprojekt für „Rütli-Schülerklientel“ soll im Sommer 2008 eröffnen. Eltern aus der Nachbarschaft fürchten nun um Wohlergehen und Sicherheit ihrer Kinder. Bezirkspolitiker der CDU-Fraktion kritisieren unter anderem das pädagogische Konzept und die mangelnde Auskunftsbereitschaft bei EJF.

Mit dem Umbau des Diakoniezentrums zum Internat für Zweit- bis Sechstklässlern wurde dank Kofinanzierung der Stiftung Deutsche Klassenlotterie bereits begonnen. 18 Kinder sollen ein Schuljahr von montags bis freitags in zwei betreuten Wohngruppen ein intaktes Zuhause bekommen. „Wir wollen Kinder aufnehmen, die als nicht beschulbar gelten, deren Eltern nicht in der Lage sind, sie zu erziehen“, sagte EJF-Jugendhilfeexperte Michael Piekara. Die Kinder sollen von schlechten Einflüssen abgeschirmt werden, durch die Rund-um-die-Uhr-Betreuung von Pädagogen einen geregelten Tagesablauf kennenlernen.

Den Unterricht könnten Lehrer der nahen „Martin Luther King Sonderschule“ leisten. Die Schulleiterin wollte dazu aber gestern keine Auskunft geben; Kennern zufolge ist die Schule mit ihren eigenen Schülern sehr gut ausgelastet. Die Bildungsverwaltung wollte sich wegen laufender Abstimmungsprozesse nicht äußern, Sprecher Kenneth Frisse sagte aber, „das solch eine Einrichtung für einzelne Schüler sinnvoll sein kann“. Wie berichtet, wurden in Berlin immer wieder Forderungen nach einer eigenen Schule für schwieriges Klientel laut.

Bei EJF hieß es, man betreue schon jetzt bis zu 70 benachteiligte Jugendliche im Diakoniezentrum. Wenn es mal kleinere Konflikte etwa mit den alten Menschen auf dem Gelände gebe, würden diese „punktuell gelöst“. Sicher könnten unter den Internatsschülern auch Kinder sein, die „schon mal geklaut haben“ oder aggressiv waren. Doch „gewalttätige Jugendliche“, wie die CDU-Fraktion es in ihrer Großen Anfrage formulierte, seien nicht die Zielgruppe.

Neuköllns Bildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD) hält die neue Einrichtung für sehr sinnvoll, ähnliche arbeiten in seinem Bezirk ohne Probleme. Schulstadträtin Katrin Schultze-Berndt (CDU) aus Reinickendorf hingegen befürchtet, dass Probleme erneut auftreten, wenn die Kinder zurück ins alte Umfeld kämen. Wie Parteifreund Stephan Schmidt vom CDU-Kreisvorstand kritisierte sie die fehlende Informationspolitik von EJF-Lazarus - wie vor zwei Jahren, als der Träger ein Projekt für sexuell auffällige Jugendliche wegen Protesten zurückzog. „Heiligensee verkraftet so eine Einrichtung nicht“, sagt Schmidt. „Wir wollen das Projekt nicht.“ Der Antwort auf die CDU-Anfrage legte EJF die Kopie eines Briefes an eine Berliner Boulevardzeitung bei: „Nach Abschluss der Bauarbeiten wird der diakonische Träger EJF-Lazarus zu einer Pressekonferenz einladen, auf der wir gern alle Fragen beantworten werden.“

Annette Kögel

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