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Berlin: Protestfahrt zum Samsung-Plakat

Autokorso durch die Stadt. Konzern: Frühere Schließung wäre billiger gewesen

Von Sabine Beikler

Kämpferisch stehen Gewerkschafter und 500 Samsung-Mitarbeiter am Freitagmittag vor dem Charlottenburger Tor, lärmen mit Trillerpfeifen und halten Schilder hoch, auf denen Sprüche wie „Flexibel warn wir noch und nöcher, nun stehn wir da wie die A’löcher“ oder „Einmal um die ganze Welt und die Taschen voller Geld“ stehen. Die Mehrheit der Belegschaft hat am Autokorso vom Werk in Oberschöneweide bis zur Straße des 17. Juni teilgenommen, wo sie am Tor mit der riesigen Samsung-Werbung gegen die geplante Streichung von 750 der 800 Arbeitsplätze beim Bildröhrenwerk der koreanischen Konzerntochter protestiert.

Gregor Gysi, Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, tritt als Redner auf. Er macht die Konzernleitung dafür verantwortlich, nicht rechtzeitig die Produktschiene umgestellt zu haben, und verspricht, den Botschafter Südkoreas um ein Gespräch zu bitten. „Wenn Samsung das Werk dichtmacht, riskiert es seinen guten Ruf in Deutschland“, ruft Gysi. Der geplante Arbeitsplatzabbau sei ein „extrem unsozialer Akt“. Auch der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Kibbel erinnert an die Verantwortung des Konzerns für die Mitarbeiter und deren Familien.

Politiker, Gewerkschaften und Samsung-Beschäftigte halten dem Konzern vor, im Jahr 2000 Fördermittel von 28,3 Millionen Euro kassiert zu haben und unmittelbar nach dem Auslaufen des Investitionszeitraums für geförderte Unternehmen das Werk schließen zu wollen: Subventionierte Unternehmen müssen den Betrieb mindestens noch fünf Jahre aufrechterhalten.

Ein Unternehmenssprecher weist diese Vorwürfe zurück: Der Konzern habe seit Übernahme des Werkes im Jahr 1993 in den Standort 194 Millionen Euro investiert. Bis 2004 sei die Produktion profitabel gewesen. In den ersten beiden Quartalen 2005 aber habe der Verlust bei sechs Millionen Euro gelegen. „Hätten wir das Werk Mitte des Jahres geschlossen, dann hätten wir anteilig noch fünf Millionen Euro Fördergelder zurückzahlen müssen“, sagte der Sprecher. Das wäre ein Gesamtverlust von elf Millionen Euro gewesen – geringer als der Verlust bei der Schließung Ende des Jahres, den der Sprecher auf 21 Millionen Euro beziffert. Das zeige, dass Samsung „bis zuletzt aktuelle Markttrends abgewartet hatte, um den Standort doch noch erhalten zu können“.

In der nächsten Woche laufen Gespräche zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung über die Zukunft des Werkes weiter.

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