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Berlin: Prozess gegen Konsulatsbesetzer wird neu aufgerollt

Der Prozess gegen vier mutmaßliche Besetzer des israelischen Generalkonsulats im Februar 1999 wird morgen vor dem Berliner Landgericht neu aufgerollt. Die 18 bis 22 Jahre alten Angeklagten sollen bei den Krawallen bis in das Gebäude der Mission vorgedrungen sein und eine Konsulatsangestellte rund zwei Stunden lang eingesperrt haben.

Der Prozess gegen vier mutmaßliche Besetzer des israelischen Generalkonsulats im Februar 1999 wird morgen vor dem Berliner Landgericht neu aufgerollt. Die 18 bis 22 Jahre alten Angeklagten sollen bei den Krawallen bis in das Gebäude der Mission vorgedrungen sein und eine Konsulatsangestellte rund zwei Stunden lang eingesperrt haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen schweren Landfriedensbruch und Freiheitsberaubung vor. Bei den damaligen Protesten gegen die Inhaftierung des inzwischen in der Türkei zum Tode verurteilten PKK-Chefs Abdullah Öcalan waren vier Kurden - drei Männer und eine Frau - durch Schüsse israelischer Sicherheitsleute getötet worden.

Als der Prozess vor knapp einem Jahr das erste Mal begann, saß die 17-jährige Schwester der erschossenen Kurdin mit auf der Anklagebank. Die Schülerin sagte, sie sei bei den Ereignissen am 17. Februar 1999 aus Angst vor den Schüssen in die erste Etage des Konsulats geflohen. Sie hätte Schutz in einem Raum gesucht, in dem sich bereits ein Landsmann und eine Konsulatsangestellte befanden. Die Jugendstrafkammer sah im Falle der Schülerin von einer Bestrafung ab. Sie habe durch den Tod ihrer 18-jährigen Schwester genug Leid erfahren, befanden die Richter. Ein damals sechster Angeklagter äußerte sich ebenfalls. Der 19-jährige wurde des Haus- und Landfriedensbruchs schuldig gesprochen. Ihm wurden 60 Stunden Freizeitarbeit auferlegt.

Doch weiter kam das Gericht nicht. Weil sich die vier anderen Angeklagten nicht zu den Vorwürfen äußern wollten und die Verteidiger die Befragung zahlreicher Zeugen beantragten, wurde der erste Prozessanlauf abgebrochen. Während die Staatsanwaltschaft von einem gewaltsamen Eindringen in das Konsulat ausgeht, sprachen Rechtsanwälte von einer Panikreaktion. Die jungen Kurden hätten sich "aus Angst vor den wild um sich schießenden israelischen Sicherheitsleuten verschanzt", sagten sie damals am Rande des Prozesses. Außerdem war von "schlampigen Ermittlungen" die Rede.

Laut Anklage waren an jedem Februartag gegen dreizehn Uhr dreißig etwa 50 bis 60 Demonstranten auf das Gelände des Konsulats in der Schinkelstraße im Grunewald gestürmt. Ein großer Teil der Menge sei mit Schlagwerkzeugen bewaffnet gewesen. Einige hätten gewaltsam die Tür der Mission aufgebrochen und seien in das Gebäude eingedrungen. Wenig später kam es zu den Schüssen. Um dreizehn Uhr 41 notierte das Lagezentrum der Polizei: "Hinweis auf Verletzte". Die genauen Umstände aber sind bis heute nicht geklärt.

Im bevorstehenden Prozess wird die Verteidigung voraussichtlich erneut beantragen, dass die beiden israelischen Sicherheitsbeamten als Zeugen geladen werden sollen. Doch zu einer Befragung der Schützen dürfte es nicht kommen: Sie wurden nach Israel ausgeflogen und genießen diplomatische Immunität.

Kerstin Gehrke

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