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Prozess: Söhne zum Heroinhandel geschickt

Laut Anklage soll der Vater seine Söhne regelrecht zum Drogenhandel abkommandiert haben. Für den Vater war nun im Falle eines Geständnisses eine maximale Haftstrafe von sechs Jahren die Rede.

Nur sein Jüngster fehlte, als der Vater den Saal 500 des Landgerichts betrat. Die anderen fünf Söhne aber sah Hassan El-N. nach Monaten wieder: Sie alle sitzen seit Mittwoch gemeinsam vor Gericht. Mitangeklagt sind zwei weitere Verwandte. Als Bande von Drogenhändlern sollen sie agiert haben. Der Vater, 46 Jahre alt, hatte aus Sicht der Staatsanwaltschaft alle Fäden in der Hand. Nun wirkte er gelassen und lächelte oft.

Hassan El-N., sechsfacher Vater, soll seine Söhne regelrecht zum Drogenhandel abkommandiert haben. In der Anklage heißt es: „Er bestimmte maßgeblich, wer zu den Rauschgiftlieferanten und den Endabnehmern Kontakt aufnehmen sollte.“ Tätig waren die angeklagten Mitglieder einer arabischen Großfamilie den Ermittlungen zufolge auf der U-Bahn-Linie U 8. Seit Sommer 2010 hätten sie in wechselnder Beteiligung vor allem im Bereich des U-Bahnhofs Schönleinstraße, aber auch am Kottbusser Tor und am Bahnhof Hermannstraße Szenekügelchen Heroin für je zehn Euro vermarktet.

Die fünf Brüder auf der Anklagebank sind 15 bis 25 Jahre alt. Vier von ihnen sind Angaben zufolge bereits früher wegen Drogenhandels aufgefallen. Ihr kleiner Bruder war elf Jahre alt, als sie im Oktober abgeführt wurden. Doch auch er ist aus Sicht der Ermittler vom Vater eingebunden worden. Ein weiterer Junge, noch keine 14 Jahre alt, wird in der Anklage als mutmaßlicher Mittäter genannt. Die beiden aber waren strafunmündig.

Es sind Erkenntnisse einer längerfristigen Observation, aus denen die Ermittler Indizien und Beweise vorlegen wollen. Man habe die „Organisationsstruktur mit allen Facetten der Portionierung, Verpackung, Aufbewahrung und den Verkaufsmodalitäten offenlegen können“, schätzte die Staatsanwaltschaft ein.

20 Fälle zwischen 9. August und 5. Oktober werden in der Anklage aufgelistet. Hassan El-N. habe die Gelder für den Ankauf des Heroins bereitgestellt. Es sei gestreckt, verpackt und zu Verstecken außerhalb von Wohnungen gebracht worden. Ein 17-jähriger Sohn sei für den Vertrieb mitverantwortlich gewesen.

Fünf der Angeklagten befinden sich in Untersuchungshaft. Es drohen langjährige Haftstrafen. Für den Vater, der bei Polizei und Justiz bislang vor allem wegen Fahrens ohne Führerschein aufgefallen ist, war nun im Falle eines Geständnisses eine maximale Haftstrafe von sechs Jahren die Rede. Der Mann aus Wilmersdorf schüttelte sein fast kahles Haupt. „Unter diesen Umständen“, so seine Anwältin, werde ihr Mandant vorerst schweigen.

Die Angeklagten schwiegen im Ermittlungsverfahren und jetzt vor Gericht. Für einige Männer allerdings zeichnete sich ein Dealen um mögliche Strafen ab. Eine Aussage hänge vom „Angebot“ ab, sagte ein Verteidiger. Andere Anwälte ließen keinen Zweifel daran, dass sie Freispruch verlangen werden. Die Verhandlung wird am Freitag fortgesetzt.

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