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Berlin: Prozess um tausendfachen Missbrauch 26-Jähriger sagte gegen angeklagten Ziehvater aus

Der Angeklagte verlangte den Ausschluss der Öffentlichkeit. Das mutmaßliche Opfer dagegen nicht.

Der Angeklagte verlangte den Ausschluss der Öffentlichkeit. Das mutmaßliche Opfer dagegen nicht. Was er über seinen Ziehvater zu sagen hatte, sollte nicht hinter verschlossenen Türen bleiben. „Weil der Fall außergewöhnlich ist“, erklärte Philipp Z. am Mittwoch vor dem Gerichtssaal. 1382 Mal soll der inzwischen 26-Jährige sexuell missbraucht worden sein. Er war laut Anklage etwa sieben Jahre alt als die Übergriffe begannen.

Der 47-jährige Angeklagte hatte eine lange Erklärung vorbereitet. Er soll viel über sein Leben berichtet haben. Die Mutter von Z. war kurz vor der Einschulung zu ihm nach Wilmersdorf gezogen. Das gemeinsame Leben soll der arbeitslose Forstarbeiter als nicht so harmonisch beschrieben und die Vorwürfe vehement zurückgewiesen haben. Warum ihn Z. beschuldigt, könne er sich nicht erklären.

Pflegehelfer Z. sprach langsam. „Ich will mich genau erinnern“, entschuldigte er sich. Er habe jahrelang versucht, alles zu verdrängen. Als er den Angeklagten kennenlernte, habe er sich gefreut. „Ich dachte, dass da einer ist, der mit mir spielt.“ Eines Nachts aber sei er aufgewacht und habe ihn neben sich gespürt. „Er drückte meinen Kopf runter, es kam zum Oralverkehr“, sagte der Zeuge. „Nach der Tat wurde es immer häufiger, fast täglich.“ Es sei geschehen, wenn die Mutter unterwegs war. Laut Anklage wurde Z. acht Jahre lang missbraucht.

Die Aussage fiel ihm schwer. Er schluchzte: „Ich brauche Zeit für die Erinnerungen.“ Tränen liefen ihm nach einer halben Stunde über das Gesicht. Plötzlich schrie er dem Angeklagten ins Gesicht: „Was hast du dir davon versprochen? Warum hast du das gemacht.“

Seine Mutter sei krank gewesen, sagte Z. „Sie konnte mich nicht schützen.“ Es gehe ihm nicht um eine hohe Strafe, sagte die Anwältin des Pflegehelfers. „Wichtig ist die Feststellung, dass Unrecht geschehen ist.“ Philipp Z. habe viel Mut aufbringen müssen, um Anzeige zu erstatten. Für den Prozess hat das Gericht auch ein Glaubhaftigkeitsgutachten in Auftrag gegeben. Vieles wird davon abhängen. Die Verhandlung geht am Freitag weiter.K.G.

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