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Der 56 Jahre alte Josef S. soll einen Rentner erschossen und jahrelang in einer Tiefkühltruhe aufbewahrt haben. Zehn Jahre lang.

© Paul Zinken/dpa

Prozessauftakt gegen Josef S.: Rentner zerstückelt - für 2000 Euro im Monat

Der Trödelhändler soll den damals 80-Jährigen aus Habgier heimtückisch ermordet haben. Sein Prozess wurde auf den 16. Oktober vertagt.

Heinz N. verschwand unbemerkt. Niemand vermisste den damals 80 Jahre alten Witwer. Zehn Jahre lang. Vor neun Monaten dann der grausige Fund. Die Leiche des zerstückelten Rentners lag in einer Tiefkühltruhe in seiner eigenen Wohnung. Zehn Jahre lang. Ein Mord, für den Trödelhändler Josef S. verantwortlich sein soll. Er soll die Rente des Opfers von monatlich 2.000 Euro kassiert haben. Vor dem Landgericht begann nun der Prozess. Ein Auftakt, der nur Minuten dauerte.

Der 56-Jährige saß in einem dunklen Jackett hinter Panzerglas im Saal 500. Sein Gesicht versteckte er vor den Kameras. Seine mutmaßliche Tat hatte bundesweit erschüttert. Und Fragen aufgeworfen. Kümmert sich die Gesellschaft zu wenig um ältere Menschen? Vereinsamen sie zunehmend?

Josef S. schien aufgeregt. Hochrot sein Gesicht. Freundlich die Stimme. Mit „derzeit Moabit“ gab er seine Adresse an. Gemeint ist das Gefängnis. Er war am Tag nach der Entdeckung des Verbrechens in der Hosemannstraße in Prenzlauer Berg festgenommen worden. Er hatte gerade den Postkasten des getöteten Rentners geleert.

Kaltblütig geplant

Der Trödelhändler soll den Rentner, den er seit längerem kannte, um den Jahreswechsel 2006 zu 2007 getötet haben. Mit einem Kopfschuss. Die Ermittler glauben: In der Silvesternacht, als Böller krachten. Geplant sei es gewesen, die Kühltruhe am 30. Dezember 2006 angeliefert worden. „Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Tiefkühltruhe eigens für die Tat angeschafft wurde“, so  Staatsanwalt Reinhard Albers am Rande des Prozesses. Heimtückischer Mord aus Habgier wird S. vorgeworfen.  

Perfide und mit großem Aufwand soll S. den Mord verschleiert haben. „Er hielt sich regelmäßig in der Wohnung auf, lüftete, hatte eine Zeitschaltuhr an der Nachttischlampe angebracht, um vorzutäuschen, dass Herr N. noch lebe“, so Albers. Miete wurde gezahlt, Steuererklärungen und andere Schreiben mit gefälschter Unterschrift verschickt.

Nachbar wurde misstrauisch

Doch während Behörden und Vermieter den Schwindel glaubten, wurde ein Nachbar misstrauisch. Am 9. Januar holte er dann die Polizei. Alles schien in Ordnung. „Die Wohnung sah aus wie eine Puppenstube, sehr rein und aufgeräumt“, so Albers. Die Beamten sahen eine Kiste in der Küche. Eine Tischdecke darauf und ein Blumentopf. Im Eis fanden sie die Leiche. Vermutlich im „allerletzten Moment“, so der Ankläger. Denn die Wohnung sei zum Februar gekündigt gewesen.

Josef S. soll sich 2005 nach dem Tod der Frau von N. das Vertrauen des zurückgezogen lebenden Rentners erschlichen haben. S. galt im Kiez als freundlich, hilfsbereit, handwerklich geschickt. Aber er soll viel Geld an Automaten verspielt, oft finanziell klamm gewesen sein. Es wird in einem weiteren Fall gegen S. ermittelt: Er soll auch die Rente einer seit Ende 2000 verschwundenen Seniorin kassiert haben.

Die Verteidiger wollen zunächst die Gerichtsbesetzung prüfen. Der Prozess wurde auf den 16. Oktober vertagt. Es wird damit gerechnet, dass Josef S. eine Aussage weiterhin verweigert.

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