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Prozessbeginn: Polizeipanne im Fall "Matti"?

Ein Neonazi-Pärchen behauptet, 2006 in Lichtenberg von einem bekannten Linksextremisten überfallen worden zu sein. Vor Gericht können sich aber weder Zeugen noch Polizei noch erinnern. Unterstützung erhält der Angeklagte unter anderem von den Grünen.

Von Frank Jansen

Das Geschehen am Tatabend bleibt rätselhaft, auch wegen des Verhaltens eines Polizisten. Er habe mit drei Augenzeugen des gewaltsamen Angriffs auf ein Paar aus der rechten Szene gesprochen, dazu aber keinen gesonderten Vermerk geschrieben, sagte gestern ein Beamter zum Prozessbeginn gegen den Linken Matthias Z. im Amtsgericht Tiergarten.

Der 22-jährige Z. ist angeklagt, Ende November 2006 in Lichtenberg gemeinsam mit zwei Freunden die Neonazis Sebastian Z. und Stefanie P. geschlagen und getreten zu haben. Vor Gericht konnte sich der Polizist auch nicht mehr an die Angaben der drei Augenzeugen erinnern. Das Verhalten des Beamten am Tatabend scheint ein Grund für die schwierige Beweislage in dem Fall zu sein. Nach Informationen des Tagesspiegels konnten die Zeugen bei der späteren Befragung durch die Polizei keine Angaben machen, die Matthias Z. oder andere Personen überführt hätten. Kurz nach der Tat wäre die Erinnerung frischer gewesen.

Keine Zusammenstöße vor Gericht

Der Fall gilt bei den Sicherheitsbehörden auch als problematisch, weil die linke Szene eine breite Solidaritätskampagne für "Matti“ veranstaltet, an der sich Politiker der Partei Die Linke, der Grünen und Vertreter der Gewerkschaft Verdi beteiligen. Die für gestern befürchteten Zusammenstöße zwischen jungen Linken und Neonazis blieben jedoch aus. Eine größere Gruppe der Antifa-Szene kam zum Gericht, verhielt sich aber ruhig. Rechtsextremisten hätten sich nicht blicken lassen, sagte die Polizei.

Matthias Z., der 101 Tage in Untersuchungshaft gesessen hat, bestritt vor Gericht jede Beteiligung an der Gewalttat. Er gab allerdings einen Verstoß gegen das Waffengesetz zu. In seinem Briefkasten hatte die Polizei eine zusammengezogene Teleskop-Stahlrute gefunden. Die dafür zu erwartende Strafe ist nach Ansicht der Verteidiger von Z. mit der Untersuchungshaft längst abgegolten.

Staatsanwaltschaft stützt sich aus Aussage der Opfer

Die Anwälte versuchen zudem, die Glaubwürdigkeit der überfallenen Neonazis Sebastian Z. und Stefanie P. zu erschüttern. Das Paar hat bei der Polizei ausgesagt, die Täter seien vermummt gewesen, doch man habe später anhand eines Fotos Matthias Z. wiedererkannt. Die Staatsanwaltschaft stützt ihre Anklage vor allem auf diese Aussage, was die Unterstützer von "Matti“ empört. Dessen Verteidiger verwiesen gestern auf einen früheren Fall, bei dem ein Anführer der Berliner Neonazi-Szene mit demselben Foto versucht haben soll, Matthias Z. einer Straftat zu bezichtigen.

Das für gestern geladene rechte Paar wird erst in einer Woche gehört. Die Verteidiger von Z. hatten den Aufschub angeregt, um weitere Akten beantragen und lesen zu können.

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