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Berlin: Psychiatrie-Patient floh mit der Absicht zu töten

Prozess gegen 27-Jährigen, der seine Schwester und deren Freund umgebracht hat

Der Patient galt er als freundlich und kooperativ. Nach vier Wochen in der Nervenklinik wurde Murat C. ein begleiteter Spaziergang im Park der Reinickendorfer St.-Hedwigs-Klinik gewährt. Doch der 27-Jährige rannte dem Pfleger einfach davon. Er habe geglaubt, von Gott den Auftrag erhalten zu haben, zwei Atheisten zu töten, sagte C. gestern vor dem Berliner Landgericht: seine Schwester und deren Lebensgefährten.

Nach Darstellung von C. war es ein Kinderspiel, aus der Klinik zu entwischen. Er sei innerhalb eines Monats viermal geflohen, er habe seinen „Auftrag“ erfüllen wollen. „Jetzt oder nie“ habe er am 30. September letzten Jahres gedacht. Er sei „schnurstracks“ zu seiner ein Jahr älteren Schwester an der Naugarder Straße in Prenzlauer Berg gefahren. Sie und ihr 36-jähriger Freund gaben ihm noch zu essen. Dann rief die Frau bei der Klinik an und sagte, sie werde ihren Bruder zurückbringen. Da ging Murat C. in die Küche und nahm sich ein Messer. Achtmal stach er auf den Mann ein, 19 Mal auf seine schwangere Schwester. „Es tut mir sehr Leid, ich habe beide sehr geliebt“, sagte C.

Der Hilfsarbeiter ist seit 1999 psychisch krank. Lange nahm er Medikamente ein. Doch im Januar letzten Jahres setze er sie einfach ab. Wenige Monate später sei es zu Wahnvorstellungen gekommen, sagte C. „Ich glaubte, Gott würde durch den Fernseher zu mir sprechen und mir den Auftrag erteilen, den Krieg zwischen Gläubigen und Ungläubigen zu verhindern.“ Im September fiel er am Flughafen Tegel auf. Er hatte einen Passanten ins Gesicht geschlagen. Weil er einen verwirrten Eindruck machte, lieferte ihn die Polizei in der St.-Hedwigs-Klinik ab.

Obwohl er dort mehrfach davongelaufen war, habe man ihm nie Vorwürfe gemacht, sagte C.. Die Klinikleitung hatte nach der schrecklichen Tragödie die Erlaubnis zum Spaziergang als „adäquat und richtig“ verteidigt. Laut Staatsanwaltschaft war C. schuldunfähig. Sie strebt in dem Verfahren wegen zweifachen Totschlags seine Unterbringung in der Psychiatrie an.

Kerstin Gehrke

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