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Berlin: Putin: Ein Ritterschlag passt gut ins Image

Dass Wladimir Putin bei seinem Berlin-Besuch in der Zitadelle von Spandau bei Kerzenschein zum "Ritter von Spandau" geschlagen wurde, haben die russischen Medien bisher verschwiegen. Die Fotos vom knienden Putin, der sich von einem mittelalterlich gekleideten Mann mit Holzschwert zum Ritter schlagen läßt, werden in Moskau wohl erst mit ein paar Tagen Verspätung veröffentlicht.

Dass Wladimir Putin bei seinem Berlin-Besuch in der Zitadelle von Spandau bei Kerzenschein zum "Ritter von Spandau" geschlagen wurde, haben die russischen Medien bisher verschwiegen. Die Fotos vom knienden Putin, der sich von einem mittelalterlich gekleideten Mann mit Holzschwert zum Ritter schlagen läßt, werden in Moskau wohl erst mit ein paar Tagen Verspätung veröffentlicht. Dass "ganz Russland" über "das Schock-Foto" empört ist, wie die Bild-Zeitung schreibt, hat mit der Realität jedenfalls nichts zu tun.

Und wenn die Russen vom "Ritterschlag" erfahren, werden sie gelassen reagieren. Ein Ritterschlag passt in das Image des militärbesessenen Präsidenten, der auch schon im Kampfjet nach Grosny flog und in einem U-Boot übernachtete. Das Boulevardblatt "Moskowskij Komsomolez" (MK) jedenfalls mixte einen anderen Nachrichtencocktail: Unter der Überschrift "Unser Präsident im Bett von Claudia Schiffer?" erfuhren die Leser nur von einem einfachen ländlichen Abendessen in der Spandauer Zitadelle.

Nach Paprika, Radieschen, Jägerschinken und einer kräftigen Bauernsuppe zogen sich die Putins - so MK - in ihre 200 Quadratmeter große Luxussuite im Hotel Palace zurück. Dort hatte auch schon Modell Claudia Schiffer mit Magier David Copperfield genächtigt, ließ das Skandalblatt seine Leser wissen. Weitere Details vom Leben der Putins in der Luxussuite wurden nicht geliefert.

Im Präsidentenwahlkampf zeigte das russische Fernsehen auch immer wieder den durchtrainierten Kandidaten. Putin beim Judo-Sport oder salopp-sportlich als Skifahrer im Kaukasus. Nicht nur Putins Imageberater, auch der Präsident selbst scheint zu wissen, dass er die Herzen der Russen allein mit der Kälte eines Geheimdienstmannes nicht erobern kann.

Putin gefällt sich nicht in der Rolle des Landesvaters, wie sein Vorgänger Jelzin, sondern stellt seine Nähe zum Volk eher durch eine militärisch-saloppe Art her. Die tschetschenischen Banditen werde er "selbst auf dem Klo" noch vernichten, hatte der Präsident zu Beginn des Kaukasuskrieges beispielsweise erklärt.

Dass Putin in Berlin vor dem Mann im rotgemusterten Satinumhang auf die Knie ging, um den Ritterschlag zu empfangen, ist für die Russen kein Zeichen der Unterwerfung. Der militärbegeisterte Präsident hat sich, wie schon Peter der Große, in Europa Kraft geholt. Wenn es der Stärkung des russischen Staatswesens nützt, warum nicht auch ein Ritterschlag?

Ulrich Heyden

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