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Klares Statement für die Ehe für alle. Bislang ist nicht zu erwarten, dass die SPD sich in Berlin gegen die CDU durchsetzt.

© Paul Zinken/dpa

Berlin vor der Abstimmung im Bundesrat zur Homo-Ehe: Regierender Michael Müller für die Ehe für alle

Die Berliner Opposition aus Grünen, Linken und Piraten drängt den Regierenden Bürgermeister Michael Müller, im Bundesrat trotz Blockade der CDU mit Ja für die Homo-Ehe zu stimmen. Sonst droht in der Länderkammer die Enthaltung Berlins.

Von Sabine Beikler

Die Opposition in Berlin lässt nicht locker: Grüne, Linke und Piraten wollen am Donnerstag im Parlament der Hauptstadt über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner debattieren und über einen gemeinsamen Antrag namentlich abstimmen lassen. Eine solche Abstimmung kann laut Geschäftsordnung jede Fraktion beantragen.

Den Oppositionsantrag würden dem Vernehmen nach auch SPD-Mitglieder unterstützen. Der Arbeitskreis „Gesundheit und Soziales“ hat nun aber auch einen Antragsentwurf zugunsten der Homo-Ehe beschlossen. Darüber wird die SPD in ihrer Fraktionssitzung am Dienstag beraten.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) würde für Berlin gern zustimmen. Er hoffe, dass es in der Führung der Union noch ein Umdenken gebe, sagte er. Die CDU wiederum bleibt bei ihrer Position, zunächst ihre 12.500 Mitglieder in Berlin zu befragen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ramona Pop fordert Müller nun auf, seine Richtlinienkompetenz zu nutzen und am Freitag in der Länderkammer für die Öffnung der Ehe zu stimmen. „Machen Sie dem unwürdigen Eiertanz ein Ende, Herr Müller!“, sagte Pop dem Tagesspiegel.

Aus Sicht von Pop muss Müller sich entscheiden, was ihm wichtiger sei: der Frieden in der rot-schwarzen Koalition oder das „Bekenntnis zur Berliner Vielfalt und zu den Menschen, die hier leben“. Der Regierende Bürgermeister müsse jetzt zeigen, ob er „für die gelebte Vielfalt in der Stadt auch einen Streit mit dem Koalitionspartner riskiert“. Berlin stehe wie keine andere Stadt für Vielfalt, Weltoffenheit und Toleranz. Es wäre geradezu „grotesk“, wenn Berlin nicht im Bundesrat für die Öffnung der Ehe stimme. Müller dürfe sich von der CDU nicht vorführen lassen. „Die CDU schiebt dieses Thema mit einem Mitgliedervotum auf die lange Bank.“

Senatssprecherin Daniela Augenstein verwies auf die Senatssitzung am Dienstag. Dann werde man sich über das Abstimmungsverhalten von Berlin im Bundesrat verständigen. Können sich SPD und CDU nicht einigen, muss sich das Land laut Koalitionsvertrag im Bundesrat enthalten. Davon ist auszugehen: Die CDU will wie berichtet erst ihre Mitglieder befragen, bevor sie sich positioniert. Der Landesvorstand hatte beschlossen, dass das Ergebnis der Befragung vor Beginn der Berliner Schulferien am 16. Juli vorliegen soll.

Ursula von der Leyen erkennt gesellschaftliche Veränderung an

Ursula von der Leyen hingegen, stellvertretende Vorsitzende der Bundes-CDU, rechnet bereits mit einer weitgehenden Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe. Man müsse feststellen, dass sich in der Gesellschaft etwas fundamental geändert habe, soll sie nach einem Bericht des „Spiegel“ gesagt haben.

„Seit der Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft im Jahr 2001 gab es 14 Jahre Zeit zum Diskutieren“, sagte Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands in Berlin-Brandenburg. „Wir brauchen nun konkrete Entscheidungen.“ Der Verband ruft am Freitag zu einer Kundgebung für die Öffnung der Ehe um 9 Uhr vor dem Bundesrat auf.

Sollten sich SPD und CDU in Berlin nicht einigen können, wird Müller wohl nicht mit einem Ja im Bundesrat stimmen. Er dürfte sich gut an jenen 22. März 2002 erinnern, als die Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz in der Länderkammer zu tumultartigen Szenen führte.

Der frühere Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit war damals Bundesratspräsident. Es hing von Potsdams Votum ab, ob das rot-grüne Zuwanderungsgesetz die Länderkammer passieren konnte. Das Votum des damals rot-schwarz regierten Brandenburgs war geteilt. Auf den Aufruf Brandenburgs antwortete Sozialminister Alwin Ziel (SPD) mit „Ja“, Vize-Regierungschef Jörg Schönbohm (CDU) widersprach: „Nein!“. Auf Nachfrage Wowereits antwortete dann Manfred Stolpe: „Als Ministerpräsident des Landes Brandenburg erkläre ich hiermit Ja.“ Wowereit wertete dies als Zustimmung und berief sich dabei auf Artikel 51 des Grundgesetzes, nach dem ein Land im Bundesrat nur einheitlich abstimmen kann. Die CDU-Regierungschefs protestierten und verließen lautstark den Sitzungssaal.

Mit den Stimmen von Brandenburg erhielt das Zuwanderungsgesetz eine hauchdünne Mehrheit. Ende 2002 kippte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz wieder. Der Ministerpräsident könne kein Weisungsrecht beanspruchen. Widerspricht ein Vertreter des Landes, sei die Stimmenabgabe laut Grundgesetz nicht einheitlich und somit ungültig. Mit diesem Urteil hat das Gericht in Karlsruhe Maßstäbe für künftige Abstimmungen im Bundesrat aufgestellt und somit Wiederholungen vorgebeugt.

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