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Sind ein Paar. Priester Krzysztof Charamsa und sein Lebensgefährte nach einem Pressetermin in Rom.

© dpa

Homosexualität und katholische Kirche: Schwuler Vatikan-Priester outet sich: Ärger von oben

Für die einen ist keine Überraschung, für die anderen ein Skandal: Erstmals hat sich Vatikan-Theologe als homosexuell geoutet. Ihm droht der Rauswurf.

Erstmals hat ein Theologe aus dem Vatikan seine Homosexualität öffentlich gemacht. „Ich möchte, dass die Kirche und meine Gemeinschaft wissen, wer ich bin: ein homosexueller Priester, glücklich und stolz auf seine eigene Identität“, sagte der Pole Krzysztof Charamsa (43) der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“. Er sei bereit, die Konsequenzen bis hin zum Verlust seiner beruflichen Existenz zu tragen. Der Vatikan kritisierte ihn in einer ersten Reaktion scharf. Der polnischen Ausgabe des Magazins "Newsweek" Charamsa zudem, der Klerus sei "überwiegend homosexuell und traurigerweise auch homophob".

Anlass für das Outing war offenbar die Familiensynode im Vatikan, bei der 270 Bischöfe bis zum 28. Oktober um Themen wie den Umgang mit Homosexuellen und wiederverheirateten Geschiedenen sowie die Haltung zu Abtreibung oder Verhütung. Die Erwartungen an das Treffen sind hoch. Es gilt als wegweisend für den zukünftigen Kurs der katholischen Kirche unter Papst Franziskus.

Geistlicher gehört zur Glaubenskongregation

Charamsa lebt seit 17 Jahren in Rom und ist Assistenzsekretär der Internationalen Theologischen Kommission im Vatikan, die an die Glaubenskongregation der Kurie angegliedert ist. Er unterrichtet Theologie unter anderem an der Päpstlichen Universität Gregoriana. Er hat nach eigener Aussage einen festen Partner. Laut Zeitung ist er der erste Theologe mit einer aktiven Rolle im Vatikan, der seine Homosexualität öffentlich macht.

„Der Augenblick ist gekommen, dass die Kirche die Augen gegenüber schwulen Gläubigen öffnet und begreift, dass die Lösung, die sie vorschlagen, die völlige Abstinenz vom Liebesleben, unmenschlich ist“, sagte Charamsa. Den Zeitpunkt, sich jetzt zu offenbaren, habe er bewusst gewählt. „Ja, ich möchte der Synode sagen, dass die homosexuelle Liebe eine familiäre Liebe ist, dass sie Familie braucht“, sagte er.

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi reagierte verärgert. „Die Entscheidung, eine solch aufsehenerregende Äußerung am Vortag der Eröffnung der Synode abzugeben, erscheint sehr schwer und unverantwortlich, denn sie zielt darauf, die Synodenversammlung einem ungebührlichen Mediendruck zu unterwerfen“, sagte Lombardi der Nachrichtenagentur Ansa. Sicherlich werde Charamsa seine bisherigen Aufgaben bei der Glaubenskongregation und den Päpstlichen Universitäten nicht weiter ausüben können.

Verwarnung aus Polen

Der Bischof von Pelplin, Ryszard Kasyna, hat Charamsa zudem eine Verwarnung ausgesprochen, damit dieser "zum Amt Christi" zurückkehre, hieß es in einer Erklärung, die auf der Webseite der Diözese veröffentlicht wurde. Der Bischof fordere "die Priester und Gläubigen auf in dieser Absicht zu beten". In der Erklärung heißt es, die Äußerungen Charamsas stünden im Widerspruch zum Evangelium und der Lehre der katholischen Kirche.

Die Verwarnung des Bischofs sei der erste Schritt auf dem Weg zu einer Suspendierung des Pfarrers, sagte der Chef der polnischen katholischen Nachrichtenagentur KAI, Marcin Przeciszewski. Charamsa habe nicht gegen Kirchenrecht verstoßen, etwa durch Pädophilie. Es sei also normal, dass er zur Ordnung gerufen werde. Es sei allerdings wahrscheinlich, dass der Priester weiter öffentlich schwul leben wolle, und dies verstoße gegen die kirchliche Moral. Somit könne ein längerer Prozess der Suspendierung vom Priesteramt folgen.

Regenbogen-Katholiken treffen sich vor Synode

Rund 100 katholische Angehörige sexueller Minderheiten aus vier Kontinenten haben sich wegen der Bischofssynode in Rom versammelt. Unter dem Titel „Wege der Liebe“ tauschten sie Erfahrungen aus ihrem kirchlichen Leben aus und formulierten Erwartungen an das katholische Lehramt. Veranstaltet wurde das viertägige Treffen in einem Pilgerheim am Rande von Rom vom „Global Network of Rainbow Catholics“ (Globales Netzwerk von Regenbogen-Katholiken). Es war das erste weltweite Treffen dieser Art.

Prominenteste Gastrednerin war die ehemalige irische Staatspräsidentin Mary McAleese, eine praktizierende Katholikin. Sie berichtete über ihre Erfahrungen mit ihrem schwulen Sohn sowie über die Auseinandersetzungen in der katholischen Kirche ihres Landes im Umfeld der Volksabstimmung, die zur Einführung der Homo-Ehe führte. Die geltende Lehre der Kirche, wonach gelebte Homosexualität „in sich ungeordnet“ und sündhaft ist, bezeichnete sie als „in sich falsch“. Diese Lehre führe zum Übel des Schwulenhasses und müsse überwunden werden.

Die irische Politikerin beklagte, dass viele homosexuell veranlagte Priester sich zum Schein als Homo-Hasser profilierten, um bei heterosexuellen Mitbrüdern zu punkten. Dieses System der Lebenslügen müsse endlich durchbrochen werden. McAleese wurde von den Teilnehmern in Rom mit stehenden Ovationen gefeiert. (Tsp/dpa/AFP/KNA)

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