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Muslimisch und schwul. Zahed zeigt, dass dies kein Widerspruch ist.

©  K.-U. Heinrich

Muslime in Berlin: Ein schwuler Imam bietet Rat und Tat

Ludovic-Mohamed Zahed ist Imam und schwul. Auch in Berlin will er jetzt homosexuellen Muslimen helfen und seine Erfahrungen weitergeben.

Er hat allein gebetet, natürlich, er betet inzwischen immer, wenn es geht, allein, zu Hause. Er will seine Ruhe haben, wenn er ins Gebet versunken ist, schon aus religiösen Gründen. Er hat aber auch keine Lust mehr auf die Reaktionen, die er erhielt, nachdem er in Moscheen gebetet hatte. „Diesen Druck brauche ich nicht“, sagt Ludovic-Mohamed Zahed. Er kennt ihn zur Genüge, diesen Druck, er hatte Drohungen und Beschimpfungen erhalten, über Mail, übers Telefon, immer dann, wenn Gläubige später erfahren hatten, dass er in ihrem Gotteshaus gewesen war. Sie hörten dann den Satz: „Der homosexuelle Imam war hier.".

Zahed ist ein schlanker Mann mit dunkelbraunen Haaren, einem gepflegten Vollbart, er hat wache Augen und redet ziemlich schnell. So wird er vermutlich auch Dienstag, 3. Mai, reden, beim Lesben- und Schwulenverband Berlin (LSVD). Der 35-Jährige hat 2012 in Paris die erste Moschee in ganz Europa eröffnet, die ausdrücklich Homo- und Transsexuellen offen steht.

Ein Training für 15 homo- und transsexuelle Muslime

Zahed hat eine Botschaft: Im Koran wird Homosexualität nicht verurteilt, Homosexualität und Islam schließen sich nicht aus, jeder Homosexuelle kann seine Sexualität leben und gleichzeitig tief gläubig sein. In den LSVD-Büros wird er diese Botschaft 15 homo- und transsexuellen Muslimen mitteilen, bei einem „Training“, so nennt sich die Veranstaltung.

Es ist nötig, dieses Training. „Bei den Gemeinden in Berlin gibt es keine Offenheit gegenüber homosexuellen Mitgliedern“, sagt LSVD-Geschäftsführer Jörg Steinert. „Deshalb stehen unsere Klienten vor dem Dilemma, dass sie sich zwischen ihrer sexuellen Identität und ihrem Glauben entscheiden müssen.“ Aber das eine schließt das andere nicht aus, das will Zahed den Teilnehmern mitteilen. Der Sohn algerischer Eltern, von Beruf Psychologe, ist seit 2012 Imam, er lebt inzwischen in Marseille, er hat die Vereinigung „Homosexuels musulmans de France“ gegründet, die inzwischen mehrere Hundert Mitglieder hat.

Das Interesse an der Veranstaltung ist groß

Das Interesse am Training ist groß, auch homosexuelle Nicht-Muslime hatten nachgefragt. „Aber dieses Training ist nur für homosexuelle Muslime“, sagt Steinert. Vier Flüchtlinge und zwei zum Islam konvertierte Homosexuelle werden kommen, sie haben wie die anderen Teilnehmer auch über die Homepage des LSVD oder über persönliche Kontakte von dem Training erfahren.

Der Kontakt von Zahed zum LSVD kam über Jouanna Hassoun zustande, Beraterin beim Zentrum für Migranten, Schwule und Lesben (Miles) und Mitarbeiterin des LSVD. Sie hatte Zahed bei einer Radiosendung kennengelernt, er sagte ihr vor Wochen, dass er im Mai in Berlin sei. Ob man denn eine gemeinsame Veranstaltung organisieren könne? Na sicher, der LSVD war gerne bereit. So viel Kooperationsbereitschaft würde Hassoun auch gerne bei anderen spüren: „Wir von Miles wünschen uns, dass sich die muslimischen Verbände mehr einem Dialog öffnen.“

Im Juli wird Zahed wieder nach Berlin kommen, er wird entweder beim Gottesdienst des Christopher Street Day oder beim Gottesdienst des schwul-lesbischen Straßenfestes auftreten. An Zuhörern wird es ihm dort nicht mangeln.

In einer Moschee war er in Berlin trotzdem. Allerdings zog es ihn aus ästhetischen Gründen in die Sehitlik-Moschee am Columbiadamm. „Sie ist so wunderschön.“

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