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Herr und Hund. Keine Angst, liebe Heteros, die wollen nur spielen.

© Rüdiger Wölk/Imago

Queer weiß das (25): Stehen viele Schwule auf Leder und Gummi?

Die Kolumne im Queerspiegel: Heteros fragen, Homos antworten. Heute mit einer Fetisch-Frage.

Am Wochenende hat sich die Fetischszene zum Folsom-Straßenfest in Schöneberg getroffen. Täuscht mein Eindruck oder stimmt es, dass viele Homosexuelle auf Gummi und Leder stehen? Und warum eigentlich? Michaela, Zehlendorf

Bevor wir den Fetischdingen auf den Grund gehen, ist sicherlich eine kleine Erläuterung notwendig, was es mit dem Folsom-Europe-Festival auf sich hat. Jedes Jahr Anfang September reisen Tausende zu dem Straßenfest im Schöneberger Szenekiez an. Folsom Europe ist nach Angaben der Veranstalter mit 20 000 Besuchern das größte Fetisch-Event dieser Art in Europa. Vorbild bei der Gründung war das Festival der amerikanischen Leder- und Fetischszene, das seit Mitte der 80er Jahre in der Folsom Street in San Francisco gefeiert wird, als Teil der Leather Pride Week.

Es geht um Stolz, Kontaktpflege und Sex

Um „Pride“, also den Stolz aufs Anderssein, geht es hier wie dort, aber auch um Kontaktpflege in jeder Hinsicht: Gleichgesinnte treffen, Bekanntschaften schließen, Partys feiern, Shoppen, Charity, Sex haben. Die Offenheit, mit der dabei zur Sache gegangen wird, gefällt nicht jedem. 2005 bekam Klaus Wowereit Ärger mit der CDU, weil er ein Grußwort für das Festival verfasst hatte. Frank Henkel zog damals, nun ja, vom Leder, fand das unter der Würde eines Regierenden.

Belastbare Zahlen fehlen

Dabei ist Fetisch nicht nur Sache der Homosexuellen. Erotik-Versandhäuser stünden vor der Pleite, wären da nicht Heteros, die Lust auf Leder, Gummi und Sado-Maso haben. Und selbst im Familienbezirk Prenzlauer Berg wirbt ein Swinger-Club mit seiner „Leder-Spielwiese“. Dazu passt: Belastbare Zahlen zur Zielgruppe gibt es nicht, weshalb sich auch kaum beurteilen lässt, ob es unter Schwulen einen besonders hohen Anteil von Leder- und Gummi-Fans gibt. Bei einer Umfrage unter homosexuellen Männern gaben jedoch zwölf Prozent an, darauf zu stehen. Und noch etwas stimmt: Viele von denen, für die Anderssein Alltag ist, gehen offen mit ihrer Vorliebe um. Die Fetischszene – und besonders die Lederfraktion – ist Teil der homosexuellen Subkultur. Männer in Motorradkluft gehörten von Anfang zu den sichbarsten Vertretern der Schwulenbewegung.

Vor allem eine Kopfsache

Ob homo oder hetero – wer sich in Leder oder Gummi hüllt, verändert seine Äußeres. Und mehr: „Man taucht ab in eine andere Welt, welche von denen, die Fetisch nicht verstehen oder empfinden können, niemals erreicht wird“, beschreibt ein Szenegänger seine Gefühle. Dabei ist es von Mensch zu Mensch höchst unterschiedlich, was zum Objekt der Begierde wird: ein Gegenstand, ein Körperteil oder ein bestimmtes Material wie Leder, Lack und Gummi. Eine höchst dehnbare Sache also.

Folge 24: Haben Homos Humor?

Folge 23: Was haben Lesben gegen Trans-Männer?

Folge 22: Wonach sucht ihr eure Partner aus?

Folge 21: Warum müsst ihr mitteilen, homosexuell zu sein?

Folge 20: Ist Homosexualität angeboren?

Folge 19: Warum ordnen sich Homosexuelle selber in Schubladen ein?

Folge 18: Warum seid ihr Schwulen immer so tuckig?

Folge 17: Wozu braucht man immer noch den CSD?

Dieser Text erschien zunächst in der gedruckten Samstagsbeilage Mehr Berlin.

Haben Sie auch eine Frage an die Tagesspiegel-Homos? Dann schreiben Sie an: queer@tagesspiegel.de!

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