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Ha, homo, he - Hertha BSC! Die Hertha Junxx zeigen Flagge.

© imago

Queer weiß das (44): Warum braucht ihr Homo-Fanclubs im Fußball?

Eine neue Folge unserer Kolumne Heteros fragen, Homos antworten. Diesmal geht es um schwul-lesbische Fanclubs im Fußball - und um eigene Homo-Angebote in allen Lebensbereichen.

Als Fußball-Begeisterter kenne ich die „Hertha-Junxx“, einen schwul-lesbischen Fanclub. Braucht ihr wirklich solche eigenen Vereine? Grenzt man sich dadurch nicht eher aus? - Kai-Uwe, Kreuzberg

Einen Homo-Fanclub haben fast alle Bundesligisten: „Andersrum auf Schalke“ etwa, oder die „Rainbow-Borussen“ aus Dortmund. Viele tragen wie bei Hertha das Wort „Junxx“ im Namen. Ein Zeichen dafür, dass sie – wie die Fankultur insgesamt – männlich dominiert sind, obwohl auch viele Lesben begeistert Fußball gucken.

Zu sagen, dass solche Clubs sich von anderen Fans abgrenzen, stellt die Verhältnisse auf den Kopf. Ganz im Gegenteil sind sie als Reaktion auf eigene Ausgrenzungserfahrungen gegründet worden. Dass Sport und besonders Fußball ein Problem mit Homophobie haben, ist bekannt. So fühlen sich Homosexuelle im Stadion mehr als unwohl, wenn etwa der Schiedsrichter als „Schwuchtel“ geschmäht wird. In solchen Situationen unter Gleichgesinnten zu sein, gibt ein Gefühl von Sicherheit. Außerdem werben die Regenbogenclubs bei anderen Fans und Vereinen um Akzeptanz. „Hertha-Fan und schwul – dit jeht“ steht auf einem Banner der „Hertha-Junxx“. Sie wirken also integrierend – und haben garantiert nichts dagegen, wenn solidarische Heteros mit ihnen gemeinsam ein Spiel verfolgen.

Die Hertha Junxx waren der bundesweit erste Fanclub seiner Art

Die Hertha-Junxx waren 2001 bundesweit der erste Fanclub seiner Art. Eigene Angebote für Lesben und Schwule gibt es aber auch in vielen anderen Lebensbereichen. Allen gemeinsam ist, dass sich in ihnen neben dem Wunsch nach Selbstvergewisserung auch jener nach Räumen offenbart, in denen man nicht schief angeguckt wird. Im Zuge der Emanzipationsbewegung der 70er Jahre entstanden die ersten schwul-lesbischen Kulturzentren. 1978 machte in Berlin mit „Prinz Eisenherz“ der erste schwule Buchladen auf, zur selben Zeit entstand das Lesbenarchiv „Spinnboden“, bald differenzierte sich das Angebot spezifisch queerer Angebote weiter aus mit Chören wie „Männerminne“ und den „Classical Lesbians“, mit Sportvereinen und Reisebüros.

Nicht alle Homos fühlen sich davon angesprochen. „Szenefremd“ zu sein gilt bei einigen Schwulen sogar als Gütesiegel. Andere wiederum lehnen die Labels „lesbisch“ und „schwul“ prinzipiell für sich ab. So handeln auch Homos untereinander immer wieder neu aus, wie und wo sie sich repräsentiert sehen wollen.

Um zum Fußball zurückzukommen: Erst im Herbst hielten Hertha-Ultras im Stadion ein 50 Meter langes homophobes Spruchband hoch. Vom Ligaverband wurde der Vorfall nicht sanktioniert. Für Homo-Fanclubs bleibt also weiter viel zu tun.

Folge 43: Wie halten es Homosexuelle mit der Religion?

Folge 42: Gibt es keine wichtigeren Probleme als Unisex-WCs?

Folge 41: Was wünschen sich queere Menschen für 2017?

Folge 40: Wie feiern queere Menschen Weihnachten?

Folge 39: Darf man jemanden fragen, ob sie oder er lesbisch oder schwul ist?

Folge 38: Was finden Schwule an Sängerinnen wie Marianne Rosenberg?

Folge 37: Sollten homosexuelle Promis sich politisch engagieren?

Folge 36: Verliebt ihr euch manchmal in Heteros?

Folge 35: Nehmen Homosexuelle häufiger Drogen?

Folge 34: Was bedeutet Trumps Sieg für queere Menschen?

Folge 33: Gibt es bei Euch Party-Heterosexualität?

Dieser Text erschien zunächst in der gedruckten Sonnabendsbeilage Mehr Berlin.

Haben Sie auch eine Frage an die Tagesspiegel-Homos? Dann schreiben Sie an: queer@tagesspiegel.de!

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