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In den USA wurde über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare heftig gestritten. Trotzdem wird sie in immer mehr Bundesstaaten zur Regel.

© dpa

Streit um die Ehe für alle: Mann heiratet Mann - kein Problem in New York

Queerspiegel-Leser Jobst Knigge aus Berlin hat seinen Freund geheiratet. Die Eheschließung ging ganz einfach im Rathaus - von Manhattan. Zurück in Deutschland gibt es jedoch ein Problem bei der Anerkennung der Homo-Ehe. Lesen Sie hier seinen Erfahrungsbericht.

Ich habe im Januar in den USA meinen Freund geheiratet. In New York wird unterschieden zwischen einer Marriage und der Domestic Partnership. Das Verfahren ist ganz leicht: Man kann sich schon in Deutschland online registrieren, geht dann in das Office of the City Clerk in Manhattan, um das Aufgebot zu bestellen und sich 24 Stunden später in Anwesenheit eines Zeugen trauen zu lassen. Es kostet 35 Dollar.

Wir haben vorher gegoogelt, wie es funktioniert - und uns doch für die falsche Lizenz online registriert. Aus Deutschland kommend, dachten wir ganz selbstverständlich, die Domestic Partnership sei die richtige. Sich verpartnern, so nennt man es bei uns doch so schrecklich, und gibt sich zufrieden.

Jobst Knigge hat geheiratet - in Manhatten.
Jobst Knigge hat geheiratet - in Manhatten.

© promo

Als wir uns in der City Hall in New York anmelden, ist die nette Frau am Schalter ganz überrascht. „Wollen Sie denn nicht heiraten? Dann müssen Sie die Marriage License ausfüllen!“ Die Amerikaner, über die wir Deutsche uns so gern herausheben mit ihren altmodischen und scheinbar gestrigen Moralvorstellungen, haben gekämpft und gestritten um die Same Sex Marriage.

Barack Obama bekannte sich zur Homo-Ehe

Barack Obama hat vor seiner ersten Wahl eine gleichgeschlechtliche Ehe noch abgelehnt, sich in einem aufsehenerregenden Interview im Jahr 2012 aber zur Gay Marriage bekannt. Er hat sich positioniert! Es war und ist ein Kampf mit harten Argumenten. Ganz selbstverständlich ist heute in 36 Staaten der USA die Gay Marriage eine echte und ganz normale Ehe. Die Schlacht ist nicht geschlagen, es gibt noch viele Regionen, die noch immer die gleichgeschlechtliche Ehe verbieten. Es gibt Politiker, die sogar versuchen, ein Verbot der Homo-Ehe in der Verfassung zu verankern. Doch es wird gestritten; und die Bastionen der Gegner fallen reihenweise.

Zurück in Deutschland sind mein Ehemann und ich aufs Amt, um unsere Ehe auch hier anerkennen zu lassen. Das erste, was uns im Standesamt Berlin-Pankow verkündet wird: „Ihnen ist klar, dass wir ihre Verbindung nicht als Ehe anerkennen können? Nur als Lebenspartnerschaft.“ Ja, das war uns klar. Was nicht klar war: Wie beleidigend sich das anfühlt in dem Moment. Es war der Standesbeamtin sichtlich peinlich, aber Gesetz ist nun mal Gesetz. Anerkannt ist unsere Hochzeit bis heute nicht. Die Mühlen mahlen langsam in Deutschland.

Warum wollen Angela Merkel und die CDU keine Ehe für alle?

Man sollte glauben, Angela Merkel und die CDU handeln aus tiefer Überzeugung gegen eine vollständige Gleichstellung. Argumentieren und streiten; die Kanzlerin muss ja einen Grund haben, einer Minderheit ein Recht zu verweigern. Aber nichts: Merkel merkelt, sie äußert sich einfach nicht. Die Spitze der Union will keine Gleichstellung – und die FDP in der letzten Legislaturperiode und die SPD in dieser machen mit. Und warum will die CDU nicht? Das wird uns Diskriminierten nicht gesagt. Stillschweigen zu einem grundsätzlichen Thema. Dass nicht mal gekämpft und gestritten wird in Deutschland, das fühlt sich an wie eine Beleidigung.

Um in New Yorks City Hall zu heiraten, braucht man keinen Termin. Dutzende Paare warten hier darauf sich zu trauen. Schwarze und Weiße, Asiaten und Latinos, Heteros und Homosexuelle, einige Paare mit Brautkleid und Frack, andere nur in Jeans und T-Shirt - und man fühlt sich gleich mit allen anderen. Die eigentliche Zeremonie geht ganz schnell – vom dem jahrzehntelangen Streit ist nichts zu spüren. Aber man ist dankbar für die, die gestritten haben.

Der Autor ist Journalist und Filmemacher. Er realisierte er in den vergangenen Jahren viele Dokumentationen und Reportagen, darunter die preisgekrönten Filme „Der Aidskrieg“ für den WDR und „Drei Leben – Axel Springer“ für Arte.

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Jobst Knigge

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