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Berlin: Quoten sind nicht vorgesehen

Wie kann der Migrantenanteil bei Polizei, Feuerwehr und Verwaltung erhöht werden? Ein Pro und Contra

Von Sabine Beikler

Minderheiten sollen gefördert werden, doch das muss ohne Quote gehen. So ungefähr lautet die Devise der Berliner Politik im Umgang mit Migranten. So heißt es im kürzlich vom Senat beschlossenen Integrationskonzept, man strebe an, bei Neueinstellungen und in der Ausbildung für den öffentlichen Dienst den Anteil der Migranten zu erhöhen. Dazu soll es Qualifizierungsangebote geben, mehr aber nicht.

Dabei weiß man etwa bei der Polizei längst, wie sinnvoll und bereichernd die Einstellung von Polizisten mit Migrationshintergrund ist. Doch die Politik legt nur Richtlinien fest. „Es ist politisches Ziel, dass mindestens zehn Prozent der Polizeianwärter Migranten sein sollen“, sagte Innenverwaltungssprecher Martin Steltner. Eine Migrantenquote lehnt Körting ab. 2006 werden erstmals wieder 200 Auszubildende im Polizeidienst eingestellt. Davon könnten nach Innensenator Ehrhart Körtings Leitlinie etwa 60 Bewerber aus dem türkischen, serbokroatischen oder arabischen Sprachraum sein. Von den 16300 Beamten bei der Schutz- und Kriminalpolizei sprechen nach Schätzungen rund 100 bis 150 Beamte neben Deutsch entweder Türkisch oder Arabisch. Auch bei der Feuerwehr gibt es Überlegungen, wie man etwa in Bezirken mit besonders vielen Migranten im Notfall die Sprachbarriere überwindet. Im öffentlichen Dienst, auf Sozialämtern und in den Jobvermittlungen sind Kenntnisse der wichtigsten Migrantensprachen und auch Informationen über kulturelle Zusammenhänge unabdingbar. In Einwandererländern wie den Vereinigten Staaten gibt es seit Jahrzehnten eine Förderpolitik, die mit Quoten arbeitet. „Affirmative action“ heißt die Mitte der 60er Jahre beschlossene politische Leitlinie. Sie sollte vor allem den Schwarzen zugute kommen und wurde bei der Zulassung zu den Universitäten ebenso angewandt wie bei Einstellungen im öffentlichen Dienst. Beobachter und Forscher sind sich einig, dass die „affirmative action“ vielen Einzelnen zu Bildung und Jobs geholfen hat. Als politisches Prinzip aber ist sie längst hochumstritten – nicht zuletzt, weil es inzwischen eine gesellschaftliche Großgruppe gibt, die sich strukturell benachteiligt fühlt – gut ausgebildete weiße Männer. Aber auch erfolgreiche Schwarze sagen inzwischen, dass Quotenregelungen viele Schwarze nur in dem Gefühl bestärken, „die Gesellschaft“ sei an ihren Problemen schuld.

Rechtsstreitigkeiten gehören ebenfalls zur „affirmative action“. Berliner Politiker fürchten wohl, dass Quotenregelungen aus jeder Einstellung einen Fall für das Arbeitsgericht machen. Das sagt zum Beispiel der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, Klaus Eisenreich. Ausschlaggebend bei den Bewerbungen seien Eignung und Qualifikation. „Alles andere würde zu einer Flut von Klagen führen.“ Im Landesbeamten- und im Laufbahngesgesetz sind Frauen- oder Migrantenquoten bislang nicht vorgesehen.

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