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Der Senat will den Anteil des Radverkehrs in den nächsten Jahren weiter steigern.

© Doris Spiekermann-Klaas

Verkehrsstrategie: Radler sind schneller als die Verwaltung

Der Radverkehr in der Innenstadt wächst schneller als die Infrastruktur, viele beschlossene Verbesserungen werden nur langsam umgesetzt. Der Umweltverband BUND fordert breitere Fahrradspuren und mehr Abstellplätze.

Fünf Jahre nach der Premiere hat der Umweltverband BUND ein weiteres Mal die Fahrradfreundlichkeit der Stadt untersucht. Das Resultat fällt insgesamt erfreulich, aber zwiespältig aus: In der Innenstadt ist der Radverkehr stärker gewachsen als die Infrastruktur. Und in den Außenbezirken klaffen Lücken im Netz, die die Menschen vom Radeln abhalten. Zur Abhilfe hat der Verband Vorschläge für die Radverkehrsstrategie des Senats erarbeitet, die zurzeit erneuert wird.

In der City werden aus Sicht des BUND sowohl breitere Fahrradspuren als auch zusätzliche Abstellplätze gebraucht, um Radler und Fußgänger zu schützen und die Gehwege von geparkten Fahrrädern zu befreien. Als Beispiel nennt BUND-Verkehrsreferent Martin Schlegel die Schönhauser Allee, die statt des schmalen Gehweg-Radwegs eine Fahrradspur auf der Straße brauche. Ebenso problematisch sei die Situation am Potsdamer Platz. Hinzu kämen lange Rotphasen etwa an der Karl-Marx-Allee. Dort sei Ärger unvermeidlich, wenn sich an der Aufstellfläche für nur einen abbiegenden Radler während jeder Ampelphase ein Dutzend sammle.

Wie es besser geht, zeigen aus Sicht des Verbandes die Radspuren auf der Greifswalder und der Schloßstraße. Demnächst werden nach Auskunft von Schlegel auch Karl-Marx-Straße, Turm-, Müller- und die südliche Wilhelmstraße markiert. Wobei die Pläne für letztere fünf Jahre in der Schublade gelegen hätten, bis das Bezirksamt sie endlich umsetze. Personalmangel verzögere viele Projekte. Hinzu komme der Unwille mancher Bezirke: In Tempelhof-Schöneberg gebe es neben einem „fahrradfeindlichen Grünflächenamt“ auch eine besonders träge Bauverwaltung, und in Treptow-Köpenick habe das Bezirksamt die Einrichtung eines „Fahrrats“ abgelehnt. Ein solches Fachgremium berät die Verwaltung in acht anderen Bezirken. Vorbildlich arbeiten aus Sicht des BUND die Bezirksämter von Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Pankow sowie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Für Einkaufsstraßen schlägt der BUND vor, die Stellflächen auf der Straße entsprechend der Verkehrsanteile zu reservieren – wobei die Radler an manchen Orten die Mehrheit bilden, aber auf einen Autoplatz fünf Fahrräder passen. Für die Außenbezirke empfiehlt der Verband bessere Abstellplätze an S-Bahnhöfen und BVG-Haltestellen – etwa abschließbare Fahrradboxen, die die Nutzer über ihre Tickets mitfinanzieren könnten. Der Senat will den Anteil des Radverkehrs in den nächsten Jahren um die Hälfte steigern. Zurzeit liegt er stadtweit bei 13 Prozent, in der City teils doppelt so hoch.

Tipps und Anregungen nimmt der BUND auf der Messe „Velo Berlin“ entgegen: Sa/So 10-18 Uhr. Eine Beilage zur Messe liegt diesem Tagesspiegel bei.

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